Krafft Ehrickes Vision weiterführen!

Der deutsch-amerikanische Weltraumpionier Krafft Ehricke, dem wir diese FUSION-Ausgabe anläßlich seines 100. Geburtstags im März 2017 widmen, hat in einem Aufsatz den langen Bogen der Evolution als eine Aufwärtsentwicklung beschrieben, bei der sich das Leben mit Hilfe der Photosynthese aus dem Meer zunächst in Form der Pflanzenwelt auf den Kontinenten ausgebreitet hat und dann allmählich biologische Gattungen höherer Komplexität und Stoffwechselprozesse mit höheren Energieflußdichten hat entstehen lassen. Die menschliche Gattung, als bisher höchster Ausdruck dieser Evolution, habe zunächst an Küsten und Flußläufen gesiedelt, sich dann aber durch Straßen und Kanäle, schließlich durch Eisenbahnen und moderne Infrastruktur mehr und mehr die landeingeschlossenen Regionen der Kontinente erobert.

Dieser Prozeß ist noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil, Krafft Ehricke sah in der Raumfahrt und der Besiedlung des Weltraums die natürliche nächste Phase der Evolution der Menschheit; insbesondere die Industrialisierung des Mondes war für ihn das Sprungbrett für die Ausbreitung der Menschheit im Sonnensystem und potentiell darüber hinaus. Er war überzeugt, daß die Evolution der menschlichen Gattung erst mit der bemannten Raumfahrt gewissermaßen das Erwachsenenalter erreichen und daß erst die „großartige Herausforderung des extraterrestrischen Imperativs“, wie Krafft Ehricke es nannte, den Menschen zu seiner eigentlichen Bestimmung erheben werde.

Damit macht die menschliche Gattung einen großen Schritt nach vorne, um die Verhältnisse auf dem Planeten und im nahen Weltraum der kosmischen Ordnung anzugleichen.

Das Helium-3 auf dem Mond nutzen

Der vielleicht wichtigste Beitrag des FEF-Gründers Lyndon LaRouche besteht darin, daß er mit der Weiterentwicklung des Leibnizschen Begriffs der „physischen Ökonomie“ eine wirtschaftswissenschaftliche Theorie geschaffen hat, die den realen Entwicklungsgesetzen des physischen Universums entspricht. Danach sei es für die fortgesetzte Existenz der Menschheit unerläßlich, daß die relative, potentielle Bevölkerungsdichte auf der Grundlage steigender Energieflußdichten im Produktionsprozeß kontinuierlich zunimmt, weil es auf jeder beliebigen Entwicklungsstufe immer zu einer relativen Erschöpfung der Ressourcen kommt. Die gesamte Entwicklungsgeschichte der Menschheit, insbesondere die jüngsten zehntausend Jahre, in denen das Bevölkerungspotential sich von wenigen Millionen auf gegenwärtig über sieben Milliarden gesteigert hat, belegt die Korrelation des antientropischen Charakters der menschlichen Kreativität mit den wißbaren universellen Prinzipien des physischen Universums.

Nikolaus von Kues, der Begründer der modernen Naturwissenschaft und einer revolutionären Wissenschaftsmethode, war schon im 15. Jahrhundert zu dem Schluß gekommen, daß jeder Mensch in seiner geistigen Entwicklung in der Lage sein müsse, quasi die gesamte Evolution des Universums in ihren wesentlichen qualitativen Entwicklungsstufen zu reproduzieren; von diesem Standpunkt sei es möglich, den notwendigen nächsten Schritt des wissenschaftlichen Fortschritts zu bestimmen. Diese notwendige nächste Entdeckung, die die Zukunft für die ganze Welt definiert, ist heute die Beherrschung jener Energiequelle, die der Menschheit auf Tausende Jahre in die Zukunft Energie- und Rohstoffsicherheit bescheren wird: die Kernfusion auf der Basis von Helium-3.

Deshalb war der Erfolg der chinesischen Chang’e-3-Mission im Dezember 2013, bei der ein Landefahrzeug mit dem Rover „Jadehase“ weich auf dem Mond aufsetzte, ein Meilenstein für das Erreichen dieses Ziels. Weitere Chang’e-Missionen sind in Vorbereitung, mit denen dann der Hin- und Rückflug zwischen Erde und Mond – die Vorbereitung für die künftige industrielle Erschließung des Mondes – möglich wird. Damit rückt auch der Abbau des auf dem Mond in großer Menge vorkommenden Helium-3 für die Kernfusionsökonomie auf der Erde in greifbare Nähe.

Bei der wissenschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den BRICS-Staaten, vor allem aber zwischen Rußland, China und Indien spielt Helium-3 eine herausragende Rolle, weil bei dessen Fusion im Unterschied zur Deuterium-Tritium-Reaktion keine energiereichen Neutronen entstehen, die sehr problematisch für das Reaktormaterial sind, sondern positiv geladene Protonen, die eine Revolution bei der Energiegewinnung ermöglichen. Anstatt wie herkömmlich Energie über Wasserdampf und Turbinen zu erzeugen, wobei große Energieverluste auftreten, wird es möglich sein, die aus dem Fusionsprozeß gewonnen Energie direkt zur Stromerzeugung und für andere Umwandlungsprozesse zu nutzen.

Auch Rußland plant nach Darstellung der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos, in mehreren Missionen bis 2025 eine Basis für die industrielle Erschließung des Mondes aufzubauen, wobei auch Indien wichtige Beiträge leisten wird.

Die Zusammenarbeit zwischen China, Rußland und Indien ist paradigmatisch für die neue Ära der Menschheit, in der wir, statt die Welt in geopolitischen Kriegen zu zerstören, uns auf die gemeinsamen Ziele der Menschheit konzentrieren werden. Mit der Schaffung von Energiesicherheit für mindestens 10.000 Jahre auf der Basis einer mit Helium-3 betriebenen Kernfusion und damit verwandten Technologien, wie dem Fusionsfackel-Verfahren, das durch die Zerlegung und Wiedergewinnung von Materialien aller Art eine Rohstoffsicherheit ermöglicht, erreicht die Menschheit eine völlig neue ökonomische Plattform auf der Basis einer sehr hohen Energieflußdichte. Mit dieser ökonomischen Plattform beginnt ein neues Zeitalter der Menschheit.

Interessanterweise beantwortet die Nutzung der Helium-3-Vorkommen auf dem Mond für die Fusionsökonomie auf der Erde auch die Kontroverse zwischen Platon und Nikolaus von Kues, ob die Ideen eine vom Menschen unabhängige, gewissermaßen schon im objektiven Universum vorgefundene Existenz besitzen, oder ob es erst die menschliche Kreativität ist, die diese Ideen erzeugt. Die Helium-3-Vorkommen auf dem Mond sind zunächst nur Ablagerungen von Isotopen in den oberen Schichten des Regoliths. Erst die menschliche Kreativität bei der Beherrschung der thermonuklearen Kernfusion macht aus diesen Isotopen den Stoff, der die Kernfusionsprozesse auf der Sonne noch übertreffen kann!

Eine neue Strategie für die Menschheit bedeutet ab sofort die Fähigkeit, die menschliche Gattung als Einheit zu betrachten und die Einheit in dem Prozeß der gegenseitigen Entwicklung zu sehen. Dabei gibt es im Sinne Friedrich Schillers überhaupt keinen Widerspruch zwischen der Unantastbarkeit der nationalen Souveränität, die vom Völkerrecht und der UN-Charta garantiert ist, und der Vernunft des Weltbürgers, der das Interesse der Menschheit als Ganzer im Blick hat. Denn die Einheit liegt in der Höherentwicklung aller; die Konkordanz des Makrokosmos erfordert, wie Nikolaus von Kues gesagt hat, die maximale Entwicklung aller Mikrokosmen zu ihrem gegenseitigen Vorteil.

Vertiefen Sie Ihre Sicht auf Krafft Ehricke mit drei Beiträgen in dieser FUSION-Ausgabe: Marsha Freemans sehr persönliche Darstellung seines Lebens, Megan Beets Vortrag über die Ideengleichheit von Kepler, Wernadskij und Ehricke und einem Text von Krafft Ehricke selbst.

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