Wie die FEF 1980 in den USA das Fusionsgesetz durchsetzte

Bill Jones hat bei dem Manhattan Project Dialogue am 30. Dezember 2023 den folgenden Vortrag gehalten, den wir hier etwas gekürzt und bearbeitet wiedergeben.


Ich möchte Ihnen einmal schildern, welche Möglichkeiten in einer Organisation wie der unseren stecken, um den Lauf der Geschichte zu verändern. Die meisten Menschen kennen die Strategische Verteidigungsinitiative oder haben von ihr gehört. Sie wissen wahrscheinlich etwas über die Schlüsselrolle, die Lyndon LaRouche bei der Beratung von Präsident Reagan über dieses Friedensprojekt mit der Sowjetunion im Jahr 1983 gespielt hat. Was sie wahrscheinlich nicht wissen, ist, welche Rolle die LaRouche-Organisation in den USA bei der Durchsetzung des sogenannten Magnetic Fusion Energy Engineering Act of 1980 gespielt hat.

Viele wissen, was die Kernfusion ist, denn gerade im letzten Jahr gab es einen wichtigen Durchbruch bei dem Laserfusionsprogramm im Lawrence Livermore Laboratory. Plötzlich war es überall in den Nachrichten: „Die Fusionsenergie ist die Energie der Zukunft.“ Selbst jemand wie der US-Umweltbeauftragte John Kerry hat auf dem verrückten COP28-Gipfel in Dubai 2023 zur Entwicklung der Fusionsenergie aufgerufen.

Kaum bekannt ist jedoch, daß das eben erwähnte Fusionsenergiegesetz von 1980 größtenteils von einem Teil der LaRouche-Organisation, der Fusion Energy Foundation (FEF), in den US-Kongreß eingebracht und unterstützt wurde. Es wurde im Senat und im Repräsentantenhaus verabschiedet und dann von Jimmy Carter, der eigentlich ein Kernkraftgegner war, unterzeichnet. Das Gesetz sah die Entwicklung eines Reaktorprototyps bis 1990 vor, also innerhalb von zehn Jahren, und bis zum Jahr 2000 den Bau eines kommerziellen Reaktors, um die Haushalte in den Vereinigten Staaten mit Wärme und Strom zu versorgen. Das hätte vor 23 Jahren sein sollen. Das Gesetz wurde von Carter unterzeichnet, aber von Präsident Reagan nicht weiterverfolgt.

Ich möchte kurz erläutern, wie es dazu kam, daß eine kleine Gruppe von Menschen solche enorme Veränderungen bewirken konnte.

Die FEF wurde in den 1970er Jahren von Lyndon LaRouche und Mitgliedern seiner Organisation gegründet, aber das war am Anfang eine sehr unscheinbare Sache. LaRouche, der damals schon seit einigen Jahren Vorlesungen an amerikanischen Universitäten gehalten hatte, interessierte Leute wie mich, Paul Gallagher und andere für seine Ideen, Leute, die durch die Opposition zum Vietnamkrieg, durch den Kampf der Bürgerrechtsbewegung und den Wunsch nach sozialem Wandel aktiviert waren. Er zeigte uns eine sehr viel breitere Perspektive, die sich auf die globale wirtschaftliche Entwicklung konzentrierte. Das heißt, LaRouche, der im Zweiten Weltkrieg in Indien diente und dort das große Elend und die Unterdrückung durch die Briten gesehen hatte, kam als Veteran in die Vereinigten Staaten zurück und war entschlossen, daß wir amerikanische Methoden und Techniken nutzen müßten, um die Länder der Dritten Welt zu industrialisieren, damit auch sie unseren Wohlstand erlangen können. Das war es, was Leute wie mich an der LaRouche-Bewegung reizte. Die Frage der Entwicklung war also von Anfang an präsent.

Anfang der 1970er Jahre war die Kernfusion nur unter Leuten bekannt, die wissenschaftlich auf diesem Gebiet tätig waren, aber in den nationalen und internationalen Medien wurde darüber nicht viel diskutiert.

Einige in unserer Organisation entdeckten damals in einer wissenschaftlichen Zeitschrift einen kurzen Hinweis auf die Fusionsenergie, die bis 1958 sogar noch ein Geheimprogramm war, sowohl in den USA als auch in der Sowjetunion, wo ebenfalls daran gearbeitet wurde. Aber in den 1970er Jahren wurde die Diskussion darüber stärker, und wir fanden es sehr interessant, daß die Kernfusion mit LaRouches Entwicklungsperspektive übereinstimmte – unbegrenzte Energieressourcen wären eine wunderbare Sache.

Wir verteilten daraufhin in Greenwich Village ein Flugblatt mit der Aufforderung an die US-Regierung, die Entwicklung der Fusionsenergie zu forcieren. Eines dieser Flugblätter landete im „Courant Institute of Mathematics“, das direkt in Greenwich Village in der Nähe des Washington Square Park liegt. Einer der Wissenschaftler am Courant-Institut, der sich seit den 1950er Jahren mit der Fusionsforschung befaßte, war völlig verblüfft, daß ein paar Leute auf der Straße Flugblätter verteilten, in denen die Entwicklung der Fusionsenergie gefordert wurde. Also lud er sie ein, um über unsere Kenntnisse und unsere Arbeit zu sprechen. Natürlich waren wir keine Experten auf dem Gebiet der Fusionsenergie, der Professor hingegen schon, aber er war beeindruckt von der Tatsache, daß dieses Thema zumindest im kleinen Rahmen zu einer öffentlichen Bewegung wurde.

Er erzählte uns also, was die Forschung ergeben hatte, nachdem sie nicht mehr geheim war. Dadurch öffnete sich uns eine Tür zu Leuten, von denen wir damals noch nicht wußten, wie offen sie für die Unterstützung einer weltweiten Entwicklungspolitik durch ein Fusionsenergie-Entwicklungsprogramm waren. Das waren nicht nur Leute am Courant-Institut, sondern auch am Lawrence Livermore Laboratory, in Princeton, in Oak Ridge, praktisch überall dort, wo Experimente zur Kernfusion durchgeführt wurden.

Nach weiteren internen Diskussionen kamen wir zu dem Schluß, daß sich die LaRouche-Organisation mit diesem Thema befassen sollte, und so gründeten wir 1974 zusammen mit einigen aktiven Wissenschaftlern die „Fusion Energy Foundation“. Diese gemeinnützige Organisation sollte die Entwicklung der thermonuklearen Fusionsenergie fördern. Gleichzeitig gab die FEF ein monatlich erscheinendes Magazin mit dem Titel Fusion heraus, in dem wir und andere Fusionsforscher nichttechnische Artikel für die breite Öffentlichkeit verfaßten, um zu erklären, worum es bei der Fusionsenergie geht.

Eine der ersten Ausgaben des Magazins Fusion der „Fusion Energy Foundation“.
Eine der ersten Ausgaben des Magazins Fusion der „Fusion Energy Foundation“.

Meine Frau Marsha Freeman, die vor einigen Monaten verstorben ist, war sehr an dieser Arbeit beteiligt. Sie sagte immer, daß man den meisten Menschen erst einmal erklären müsse, worum es bei der Kernfusion eigentlich gehe, denn viele kannten nur die Kernspaltung. Das Fusion-Magazin war also ein Aufklärungsprojekt, das wir überall in den USA starteten. Wir stellten uns an viele verschiedene Orte, in Einkaufszentren, Postämter, Arbeitsämter. Damals hatten wir sogar die Möglichkeit, Informationstische in Flughäfen aufzustellen. Im Laufe der Jahre, bis etwa 1977, entwickelte sich so eine Unterstützerbasis, die in die Zehntausende ging. 1980 hatte Fusion bereits 80.000 Abonnenten. Das war natürlich für eine Wissenschafts-Zeitschrift, die sich nicht an Fachleute richtete, unerhört. Es zeigte, daß es ein enormes Interesse an der Fusionsenergie gab. Aber es war auch wichtig, nach Washington zu gehen. Wenn etwas erreicht werden sollte, mußte ein Gesetz verabschiedet werden, das die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellte, damit die Fusionsenergie so schnell wie möglich entwickelt werden konnte. Wir verbrachten viel Zeit auf dem Capitol Hill. Wir kamen in Kontakt mit einem Abgeordneten des Bundesstaates Washington, Mike McCormack, der ein technisches Verständnis hatte. In diesem Bundesstaat befindet sich die Hanford-Anlage, eine der vier großen Nuklearanlagen, die aus dem Manhattan-Projekt hervorgegangen sind. Die damalige Washingtoner Gouverneurin, Dixy Lee Ray, war eine starke Befürworterin sowohl der Kernenergie als auch der Fusionsenergie. Sie war neugierig auf diese LaRouche-Gruppe, die überall ihre Flugblätter verbreitete. Die einzige Frage, die sie den Leuten stellte, die ihr von unseren Aktivitäten erzählten, war, ob wir ernsthaft an der Kernfusion interessiert seien. Ja, das seien sie. Zu diesem Zeitpunkt waren alle sehr aufgeschlossen und stellten uns das Material zur Verfügung, das sie selbst hatten, um uns bei unserem Versuch zu helfen, die Öffentlichkeit über die Fusionsenergie zu informieren.

US-Abgeordneter Mike McCormack | Bild: Wikipedia/Notmicro
US-Abgeordneter Mike McCormack | Bild: Wikipedia/Notmicro

Marsha stand insbesondere mit McCormack in Kontakt, der einen Gesetzesentwurf zur Entwicklung der Fusionsenergie vorlegen wollte – ähnlich dem Manhattan-Projekt zur Entwicklung der Atombombe. Das war keine leichte Aufgabe. 1976 hatte die US-Regierung von Gerald Ford auf Jimmy Carter gewechselt, und die Carter-Administration war in vielerlei Hinsicht eine wirtschaftspolitische Horrorshow. Sie verfolgte eine Nullwachstumspolitik und wollte den Konsum einschränken. Obwohl Carter einmal auf einem Atom-U-Boot gedient hatte, war er ein entschiedener Gegner der Atomenergie. Allerdings hatte er ein Faible für die Kernfusion.

Zu Beginn der Carter-Administration gab es noch die Energy Research and Development Administration, die später zum Energie-Ministerium wurde. Dort war man von der Fusionsenergie nicht sonderlich begeistert. Zwar wurden laufende Programme der Vorregierung bis zum Amtsantritt Carters noch ausreichend finanziert, aber unter Carter gab es Leute wie James Rodney Schlesinger, manchmal auch „Dr. Strangelove“ genannt, und seinen Assistenten John Deutch, die gegen ein schnelles Programm zur Entwicklung der Kernfusion waren. Einer, der von der Ford-Administration zur Carter-Administration wechselte, war Edwin Kintner, der in dieser Übergangsphase das Fusionsprogramm leitete. Kintner kam aus dem Nuklearprogramm von Admiral Hyman Rickover, der das erste Atom-U-Boot entwickelt hatte; er stand Rickover sehr nahe und besaß viele der Eigenschaften von Rickover. Admiral Rickover war in vielerlei Hinsicht der Vater der Atomprogramms der Seestreitkräfte, und viele der Leute, die in den frühen 1950er Jahren in dem Atomforschungsprogramm tätig waren, wechselten später in die Fertigung und blieben in der Privatwirtschaft aktiv. Kintner stand uns sehr nahe, weil er wie wir von der Kernfusion begeistert waren. Er war sehr hilfreich, um unsere Sache in Washington voranzubringen.

Unsere Aktivitäten waren entscheidend für die schon genannte Gesetzgebung. Insbesondere der Abgeordnete McCormack war derjenige, der sich stark für die Sache engangierte und viele unserer Ideen für die Entwicklung des Programms aufgriff. Aber er erkannte auch, daß seine Kongreß-Kollegen und seine Wählerschaft im Allgemeinen wenig darüber wußten. Es ging also darum, die anderen Kongreßabgeordneten aufzuklären. Es gab viel Lobbyarbeit und Diskussionen mit einzelnen Abgeordneten. Aber noch wichtiger war, daß wir Zehntausende Abonnenten für das Fusion hatten. In jedem Bundesstaat gab es Fusion-Abonnenten, darunter Landwirte, Arbeiter und andere, aber auch Leiter von Kraftwerken, und Personen aus den Regierungsinstitutionen. Und wir haben dieses Netzwerk mobilisiert: Tausende Fusion-Leser schickten Post an ihre Abgeordneten im Kongreß, das sie aufzuforderte, für den Gesetzesentwurf von Mike McCormack zu stimmen. Das führte dazu, daß all diese Abgeordneten, von denen viele nicht einmal wußten, worum es bei der Kernfusion ging, unter Druck kamen, etwas dafür zu unternehmen. Ähnliches passierte im Senat: Marsha Freeman und andere besuchten Senatoren, um mit ihnen über das Fusionsprogramm zu sprechen, und wiederum wurden die Menschen in ihren Wahlkreisen mobilisiert, ihren Senatoren zu schreiben und sie zu ermutigen, dem Gesetz zuzustimmen. 1979 wurde der Gesetzesentwurf, der den Bau eines Prototypreaktors bis 1990 und eines kommerziellen Reaktors bis 2000 vorsah, sowohl vom Repräsentantenhaus als auch vom Senat verabschiedet. Das Gesetz wurde dann an das Weiße Haus weitergeleitet. Wahrscheinlich zur Überraschung vieler, vielleicht sogar vieler damaliger Kongreßmitglieder, wurde es von Jimmy Carter ratifiziert und somit rechtskräftig.

1980 gab es wieder Wahlen. Und Carter verlor die Wahl, aber noch wichtiger war, daß er seine Niederlage einräumte, noch bevor die Wahllokale an der Westküste schlossen. Das hatte zur Folge, daß die Demokraten, die sich dort zur Wahl stellten, plötzlich viele Stimmen verloren, weil die meisten Wählerinnen und Wähler dort bereits wußten, daß ihre Stimme bei der Präsidentschaftswahl nicht mehr zählen würde, weil diese bereits entschieden war.

Auch Mike McCormack wurde abgewählt, so daß in dieser Situation die wirkliche Antriebskraft verloren ging. Ed Kintner, der darüber sehr enttäuscht war, blieb noch eine Weile im Amt und versuchte, Leute aus der Privatwirtschaft davon zu überzeugen, daß Präsident Reagan das Gesetz weiterführen müsse, weil es die einzige Möglichkeit sei, die Fusionsenergie zu entwickeln. Aber die Anhänger von Milton Friedman und der freien Marktwirtschaft wie Dave Stockman, der im Weißen Haus für den Haushalt zuständig war, argumentierten, daß das Ziel des Gesetzes der Bau eines kommerziellen Fusionsreaktors sei und daß dies nicht mit staatlicher Unterstützung geschehen sollte. Die Privaten sollten die Sache in die Hand nehmen. Aber die Privatwirtschaft hat das damals natürlich nie angefaßt.

Fazit

24 Jahre nachdem wir einen kommerziellen Reaktor hätten haben sollen, befinden wir uns immer noch in einem Anfangsstadium, obgleich es in letzter Zeit zahlreiche vielversprechende Forschungsansätze für ganz unterschiedliche Kernfusionsprojekte gibt. Das große Glück, das wir damals in den 70er Jahren hatten, war, daß viele Leute, die noch die Depression der 30er Jahre und den Zweiten Weltkrieg erlebt hatten, ein Bollwerk des Fortschritts bildeten. Das waren die Leute, die damals Fusion-Abonnenten waren und uns unterstützten. Heute ist das völlig anders, weil unsere Kultur dramatisch degeneriert ist; wir erleben die Auswirkungen des Nullwachstums und des mangelnden Verständnisses für das, was in der Weltgeschichte wirklich passiert. Wir sehen das leider auch in der Raumfahrt, die immer ein Bereich der Kooperation und Zusammenarbeit zwischen Ost und West war. Auch das wird jetzt unterminiert. Dennoch bin ich optimistisch, daß wir uns trotz der enormen Gefahr, die in der globalen Konfrontation mit China und Rußland liegt, in eine Richtung bewegen, in der die Opposition zu dem, was Amerika unter der Herrschaft dieser finanziell-militärischen Oligarchie geworden ist, wächst. Es wird eine Reaktion im amerikanischen Volk geben, und wir können die Dinge 2024 wieder ins Lot bringen: Das ist meine Hoffnung.

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