Was ist Strahlungshormesis?

Die heutigen Strahlenschutzvorschriften gehen davon aus, daß prinzipiell jedwede Strahlung schädlich sei, und es keinen Schwellenbereich gebe, in dem Strahlung harmlos ist. Jede auftretende Schädigung könne linear aus bekannten Wirkungen hochdosierter Strahlenwerte extrapoliert werden. Eine solche Auffassung ist wissenschaftlich nicht haltbar und leistet darüber hinaus irrationalen Ängsten über alles Vorschub, was mit Strahlung zu tun hat.

In folgendem Aufsatz von T. D. Luckey werden die wichtigsten Belege für die positiven gesundheitlichen Wirkungen geringer Strahlungsdosen dargestellt, ein Vorgang, der sich nach dem griechischen Wort hormein (erregen) Hormesis nennt. Luckey, einer der Pioniere der Hormesis-Forschung aus den USA, beschreibt außerdem die möglichen zellulären Mechanismen, die den Hormesis-Effekt erklären könnten. Für viele vielleicht überraschend fordert er auch zu prüfen, welche möglichen schädlichen Folgen ein Strahlungsmangel beim Menschen hat und Maßnahmen zu ergreifen, diesen zu beheben.

Der folgende Artikel ist bereits in FUSION 2/1997 erschienen. Zur Ergänzung der Beiträge
von Dr. Rüegg drucken wir ihn in diesem Heft erneut in leicht gekürzter Form ab.


Das Leben auf der Erde begann bei einer zehnfach höheren Strahlung, als wir sie in unserer heutigen Umwelt vorfinden. Die ersten primitiven Zellen und Stoffwechselsysteme entwickelten sich in einer Umgebung ionisierender Strahlung, in der das Überleben davon abhing, ein Gleichgewicht zwischen der Zerstörung zu empfindlicher Systeme und einer Toleranz oder Nutzung dieser potentiell zerstörerischen Energiequelle zu finden.

Vor der Atombombe wurde zwar viel Forschung über geringe Strahlungsdosen betrieben, doch die jüngste Forschung beschäftigt sich fast nur noch mit den schädlichen Wirkungen großer Dosen ionisierender Strahlung. Infolgedessen erhielt man im letzten halben Jahrhundert die meisten Informationen über biologische Effekte geringer Strahlungsdosen nur noch als Beiwerk von Studien über die Wirkungen hochdosierter Strahlung. Unser derzeitiger Wissensstand über Strahlungshormesis ist zwar noch lückenhaft, aber er ist Ausgangspunkt für wichtige Forschungen und für ein Verständnis neuer physiologischer Mechanismen sowie eine Begründung dafür, Menschen mit einem Mangel an ionisierender Strahlung entsprechend zu behandeln.

Die Hormesis-These besagt, daß geringe Dosen eines Stoffes ein System stimulieren, welches durch hohe Dosen des gleichen Stoffes gehemmt wird. Die Wirkungen ionisierender Strahlen folgen dieser These: Hohe Dosen ionisierender Strahlung sind für Mikroben, Pflanzen, Tiere und den Menschen letal oder inhibitorisch, während geringe Dosen ionisierender Strahlung die meisten physiologischen und Zellsysteme stimulieren (Luckey 1980, 1991). Paradoxerweise läßt sich mehr als eine Reaktion im selben Organismus gleichzeitig stimulieren. Zum Beispiel können geringe Dosen sowohl das Wachstum von Krebszellen wie die Zerstörung von Krebszellen durch eine gesteigerte Immunkompetenz anregen. Letzteres scheint zu überwiegen, wenn der Krebs klein ist. Das Immunsystem ist weniger effektiv, wenn der Krebs größer wird.

Mit der Vorstellung, daß geringe Dosen eines potentiell schädlichen Stoffes stimulierende Wirkungen entfalten, hat man sich schon seit Jahrhunderten beschäftigt. Im 8. Jahrhundert v.Chr. erkannten die Ärzte des syrischen Königs Sargon II., daß die Pflanze Atropa belladonna „ein Heil- wie ein Giftkraut“ sei (Thorwald 1962). Etwa 400 v. Chr. beobachtete Hippokrates, daß anders als mäßiger Weingenuß „in großen Mengen getrunkener unverdünnter Wein einen Menschen schwächt“ (Adler 1952). Und im 16. Jahrhundert sagte Paracelsus, alle Dinge seien giftig und nichts sei ungiftig, nur die Dosis mache das Gift aus (Waite 1994).

Physische, chemische und biologische Stoffe können hormetisch sein. Geringe Mengen Kälte, Wärme, Druck, Elektrizität, Elektromagnetismus, Licht und ionisierende Strahlung stimulieren eine Vielzahl physiologischer Parameter in Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren (Luckey 1959). Jeder physische Einfluß kann eine Vielzahl chemischer Reaktionen in den betroffenen Geweben auslösen.

Die nützliche Wirkung geringer Strahlungsdosen wurde vor 100 Jahren an der Universität Missouri entdeckt, wo Prof. W. Shrader Versuchskaninchen mit Diphtherie-Erregern impfte. Nicht vorbehandelte Kontrolltiere starben innerhalb von 24 Stunden. Wenn die Tiere jedoch vor der Impfung mit Röntgenstrahlen behandelt wurden, blieben sie am Leben. Mit der stimulierenden Wirkung geringer Strahlungsdosen beschäftigte sich Selye in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts (Luckey 1980), der auf eine Vielzahl von Stoffen hinwies, darunter auch ionisierende Strahlen, die in Labortieren und im Menschen ein schützendes „allgemeines Adaptivsyndrom“ induzierten (Selye 1950). Er beschrieb die Schutzwirkung dieses allgemeinen Adaptivsyndroms nach Verabreichung geringer Dosen chemischer, physikalischer und biologischer Stressoren.

Hormesis und die Nullthese

Die Grundprämisse der Nullthese ionisierender Strahlung besagt, daß prinzipiell alle Strahlung schädlich sei und es keinen Schwellenbereich gibt, in dem Strahlung harmlos ist. Die Nullthese wird durch reproduzierbare, statistisch signifikante Ergebnisse mit Hormesis-Wirkung entkräftet (Luckey 1991, 1994 a). Sie ist eine Fata Morgana der Medien, von Wissenschaftlern genährt, die die radiobiologischen Veröffentlichungen ignorieren, darunter 55 zwischen 1896 und 1977 erschienene Übersichtsartikel, in denen die Beweise einer Stimulierung durch geringe Strahlungsdosen dargelegt werden (Luckey 1980).

„Hormesis mit ionisierender Strahlung“, eine umfassende Überblicksarbeit des Autors mit 1200 Verweisen, erschien 1980. Viele Radiobiologen wurden dadurch zwar auf die zahllosen Belege für Strahlungshormesis aufmerksam, aber die Nullthese und deren lineare Modelle sind nach wie vor in den Empfehlungen staatlicher Behörden und den nationalen Gesetzen verankert.

Die Annahme eines Schwellenwertes spielt in der Hormesis-These eine entscheidende Rolle. Die Hormesis-Ergebnisse entkräftet noch eine weitere, wenig diskutierte „Schwellen“-Vorstellung, wonach es keinerlei Strahlungswirkung mit irgendeiner Dosis zwischen jener einer nichtexponierten Kontrollgruppe und dem Nulläquivalenzpunkt (NÄP) gibt. (Der NÄP ist ein Schwellenwert, der sogenannte geringe von hohen Strahlungsdosen trennt. Alle Dosen unterhalb des NÄP sind geringe Dosen. Der NÄP definiert Grenzwerte für die öffentliche Sicherheit, und theoretisch sollen Dosen unterhalb des NÄP für die Durchschnittsperson als unschädlich gelten.)

Geographische Verteilung

Ionisierende Strahlung ist allgegenwärtig. Luft, Wasser, Boden, Pflanzen, Tiere, Menschen, Nahrung, Papier, Maschinen und Gebäude sind radioaktiv. Die sehr unterschiedliche Hintergrundstrahlung auf der Welt ist Ausdruck der unterschiedlichen Erdstrahlung und Höhe. Für die größten Abweichungen in unserer Hintergrundstrahlung sind die Elemente im Boden verantwortlich (Luckey 1980, 1991).

Die kosmische Strahlung verdoppelt sich alle 2 km über Meereshöhe. Da die kosmische Strahlung von der Luft absorbiert wird, trifft sehr viel mehr kosmische Strahlung auf Berge und Hochebenen als den Boden auf Meereshöhe. Flugpersonal und Vielflieger kommen auf durchschnittlich 8–10 Stunden Flugzeit pro Tag in Höhen von 10–13 km. Damit erhalten sie 7–8 Milligray/Jahr mehr als Menschen, die auf Meeresspiegelhöhe leben. (Ein Gray mißt die abgegebene Strahlung; 1 Gray [Gy] entspricht 100 Rad.)

Menschen, die in einer Umgebung mit hoher natürlicher Strahlung leben, zeigen häufig eine bessere Gesundheit. Keine ungewöhnlichen Krankheiten oder abträgliche Auswirkungen auf die Gesundheit sind bei Menschen beobachtet worden, die in einer zehnfach höheren natürlichen Strahlungsumgebung als normal leben.

Die negative Korrelation zwischen natürlichem Vorkommen ionisierender Strahlung und der Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-, Atmungs- und Krebserkrankungen in den USA (siehe Abbildung 1) ist ein guter Beleg dafür, daß schwachaktive Bestrahlung keine Hauptursache dieser Erkrankungen ist (Sauer 1982). Negative Korrelation gab es zwar auch zu Höhe, Sauerstoff- und Luftdruck, doch wurde in dieser Studie keine Korrelation zwischen der hohen Sterblichkeit im Südosten der Vereinigten Staaten und etwa 40 Umwelt-, Sozial-, Wirtschafts- und Rassefaktoren festgestellt.

Abbildung 1. Natürliche Strahlung im Verhältnis zur Mortalität weißer männlicher Bewohner zwischen 35 und 79 Jahren (Zeitraum 1960–1972) Die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Krankheiten, Atemwegserkrankungen und Krebs in den Ostküstenstaaten der USA (Gebiet 3) ist erheblich höher als jene in den westlichen Staaten (Gebiet 1). Die Erd- und kosmische Strahlung ist dagegen in Gebiet 1 2–3mal so hoch wie in Gebiet 3. In der Karte werden die 25 Wirtschaftsgebiete der Bundesstaaten mit der niedrigsten Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Krankheiten und die 25 mit den höchsten dargestellt. Quellen: Sauer 1982; Luckey 1991.

 

Eine ähnliche negative Korrelation zwischen Hintergrundstrahlung und Leukämiesterblichkeit wurde in vielen Studien für die Bevölkerung der Vereinigten Staaten festgestellt (Luckey 1991).

Im Gegensatz dazu hat die negative Korrelation zwischen Strahlung und Krebsraten in Indien (Abbildung 2) keine Beziehung zu Höhe oder Luftdruck (NRCP 1987).

Abbildung 2. Natürliche Strahlung und Krebssterblichkeit in IndienDie Krebssterblichkeit in den Regionalkrankenhäusern Indiens zeigt eine umgekehrte Beziehung zur natürlichen Strahlungsbelastung. Die beiden Werte weit über der Kurve stammen von Krankenhäusern, die Patienten aus anderen Gebieten aufnehmen. Quellen: Nambi et al. 1987; Luckey 1991.

Diese Ergebnisse aus den Vereinigten Staaten und Indien werden durch gewissenhafte Studien an chinesischen Bauern unterstützt. In allen drei Ländern betrug der Unterschied zwischen schwach- und hochaktiven Gebieten 1 : 3.

Die am besten untersuchten Populationen sind zwei Gruppen chinesischer Bauern von jeweils 70.000 Menschen im Landkreis Yangjiang (Wei 1994). Die Sterblichkeit an Leukämie und Krebserkrankungen insgesamt erscheint für Bauern, die in dem Gebiet mit hoher Hintergrundstrahlung leben, niedriger zu sein. Eine Korrelation von Leukämietodesfällen mit dem Alter (Abbildung 3) läßt außerdem auf einen wichtigen Unterschied in der Strahlungsempfindlichkeit zwischen Kinder- und Erwachsenenleukämie schließen.

Abbildung 3. Leukämie und Lebensalter in der China-StudieDie Leukämiemortalität unter Bauern der Gruppe mit hoher Hintergrundstrahlung in China zeigt zwei unterschiedliche, altersabhängige Reaktionen im Vergleich zu der Kontrollgruppe mit niedriger Hintergrundstrahlung. Quellen: Wei 1985; Luckey 1991.

Zahlreiche Bevölkerungsgruppen in anderen Ländern leben in einer weitaus höheren natürlichen Strahlung als der weltweite Durchschnitt von etwa 3 mGy/Jahr. Ein grober Vergleich der Strahlungswerte, die in verschiedenen Ländern vorherrschen, sind in Tabelle 1 aufgeführt. Jene Bevölkerungsgruppe in China, die etwa 1 mGy/Jahr ausgesetzt war, kann als geeigneter Standardwert angesehen werden (Wei 1994). Auch ohne genaue Untersuchungen in den meisten Ländern kann festgestellt werden, daß zahlreiche Bevölkerungen viele Generationen lang bei relativ hohen Werten ionisierender Strahlung gesund gelebt haben (Luckey 1991). Die Reproduktion ist normal und es gibt keine überhöhte Sterblichkeit an Krebs oder Herz-Kreislauf-Krankheiten. Einige Gebiete wie Kerala und Iran sind bekannt dafür, daß die Menschen dort außergewöhnlich gesund sind und überdurchschnittlich lange leben.

Tabelle 1: Natürliche Belastung mit ionisierenden Strahlen

Ort mGy/a

China (niedrig)

1,3

Vereinigte Staaten

2,0

China (hoch)

3,3

Nildelta

3,5

Exponierte US-Arbeiter((Berücksichtigt sind hier natürliche und industrielle Exposition.))

3,6

Vorgeschlagener Grenzwert

5,0

Tschernobyl((Die Evakuierungsgrenze, die angelegt wurde, um 200.000 Menschen umzusiedeln.))

5,0

Vielflieger((Bei 8 Stunden Flug pro Tag in 6 – 8 km Höhe.))

6–8

Kerala, Indien

4–13

Guarapara, Brasilien

10–18

Meaipe, Brasilien

22

Gerais, Brasilien

23

Kerala (Strandvororte)

23

Vorgeschlagener Grenzwert für Arbeiter

26

Araxi, Brasilien

35

Optimum

100

Ramasar, Iran

243

Guarapara (Strand)

263

NÄP((Der Nulläquivalenzpunkt entspricht der Schwellendosis, die die Obergrenze „schwacher Strahlung” darstellt.))

10.000

Eine Vielzahl von Daten gibt es auch über Radon und Krebs: In Häusern mit hohen Radonwerten sind die Lungenkrebszahlen niedrig. Die negative Korrelation zwischen Radonkonzentrationen in Häusern und der Lungenkrebssterblichkeit (Abbildung 4) wurde von dem Nuklearwissenschaftler Bernard Cohen genau untersucht (Cohen 1992). Vergleichbare Kurven gibt es von Männern und Frauen, mit und ohne Bereinigung durch Rauchen.

Abbildung 4. Korrelation zwischen Lungenkrebssterblichkeit und Radon in WohnhäusernDie Radonkonzentrationen in Häusern in 1600 Landkreisen der USA steht in umgekehrter Beziehung zur Lungenkrebssterblichkeit von Männern. Senkrechte Linien bedeuten eine Standardabweichung. Bei jeder Stichprobe wird die Zahl der Landkreise angegeben. Radonkonzentrationen sind in Picocurie pro Liter Luft. Quelle: Cohen 1992.

Diese Daten widersprechen den Darstellungen in den Medien über die Rolle von Radon bei Lungenkrebs und sind unvereinbar mit der Haltung der amerikanischen Regierung, daß in Häusern mit Radonwerten von mehr als 4 pCi/l obligatorisch Maßnahmen vorgeschrieben sind, um die Gaswerte zu senken (1 Curie [Ci] = 3,7 · 1010 Zerfallsakte pro Sekunde). Die Daten widerlegen auch die Warnung des National Council on Radiation Protection and Measurements (NRCP, US-Bundesamt für Strahlenschutz und -messungen) wonach „… die Einatmung der kurzlebigen Zerfallsprodukte von Radon-222 innerhalb von Gebäuden die bedeutendste Quelle natürlicher Exposition ist“ (NCRP 1987).

Hormesis am Arbeitsplatz

Es gibt nur wenige Belege, die der Strahlungshormesis im Menschen widersprechen. Auf der positiven Seite haben Untersuchungen an Beschäftigten der Nuklearindustrie (über 7 Millionen Mannjahre) ergeben, daß strahlenexponierte Arbeiter gegenüber nichtexponierten Arbeitern eine deutliche niedrigere Sterblichkeit an Leukämie und soliden Tumoren sowie eine niedrigere Gesamtsterblichkeit aufweisen.

Untersuchungen strahlenexponierter Beschäftigter liefern die wichtigsten Informationen über ein Leben mit einer Hintergrundstrahlung, die erkennbar höher liegt als die nichtexponierter Beschäftigter und der Allgemeinbevölkerung. Jüngste Berichte, die hier im Detail besprochen werden, sind vor allem deswegen außergewöhnlich, weil die exponierten Beschäftigten wie auch die Kontrollgruppe aus dem gleichen sozioökonomischen Umfeld stammen und in den gleichen Fabriken unter gleichen sonstigen Bedingungen arbeiten. Diese Verwendung interner Kontrollen eliminiert bei diesen Untersuchungen chronischer Ganzkörperexposition des Menschen auf schwachradioaktive Strahlung den üblichen „Effekt auf den gesunden Arbeiter“. Jedoch bleiben Variable wie Aufenthaltsort in der Fabrik, Wechsel bestimmter Personalarten, Arbeitsplatzunterschiede und Rauchvorschriften bestehen.

In den Ergebnissen werden nur „verzögerte“ Sterberaten verwendet; d. h. Leukämie- und Krebssterbefälle werden nur gezählt, wenn der Beschäftigte 2 bzw. 10 Jahre gearbeitet hat. Betont wird die Gesamtsterblichkeit an Krebs und Leukämie; die relativ geringe Zahl von Beispielen würde es ansonsten schwierig machen, jede der vielen unterschiedlichen Krebsarten zutreffend zu bewerten.

Die meisten untersuchten Beschäftigten waren zwar weiße, männliche Erwachsene, aber aus den verfügbaren Informationen geht hervor, daß auch exponierte Frauen eine niedrigere Leukämie- und Gesamtkrebssterblichkeit haben als nichtexponierte Frauen in der gleichen Fabrik.

Nicht im Detail wird der Umstand diskutiert, daß die exponierten Beschäftigten und die Gesamtheit beider Gruppen niedrigere Standardisierte Sterberaten (SSR) als die Allgemeinbevölkerung der Umgebung aufweisen. SSR-Werte werden benutzt, wenn andere Daten nicht verfügbar sind.

Britische Nukleararbeiter

Untersuchungen des National Radiological Protection Board (NRPB, britisches Strahlenschutzamt) lieferten genügend Informationen, um eine einfache Altersbereinigung für exponierte und nichtexponierte Nukleararbeiter in Großbritannien vorzunehmen (Kendall 1992). Unbereinigte Daten erschienen im British Medical Journal. Da G.M. Kendall selbst keine Altersbereinigung vorgenommen hatte, wurden Berechnungen angestellt, um altersbereinigte lebenslange Dosiswirkungsdaten für Krebs bzw. Leukämie zu erhalten (U.S. Department of Commerce, 1988). Diese Berechnungen gehen aus den Zahlen in Tabelle 1 und Tabelle 2 hervor.

Tabelle 2: Altersbereinigung für die Krebsmortalität unter britischen Nukleararbeitern

Exposition in mSv

< 10

10–49

50–99

> 100

Quelle

Durchschn. mSv

2

24

70

252

Tab. 2.7

Zahl

58.945

21.336

6.667

8.269

Tab. 2.10

Krebstodesfälle

584

369

194

288

Tab. 2.18

Krebstodesfällle/104

99,1

173

241

348

Durchschnittsalter((Ausgeschlossen Personen unter 19 Jahren.))

26

43

61

72

Tab. 2.10

Altersquotient((Altersbereinigte Krebsmoratalität nach U.S. Dept. of Commerce, 1988.))

1

5,8

48,7

106

USA

Reziprokwert

1

0,1724

0,0205

0,00943

Krebstote((Altersbereinigte Todesfälle pro 1,000 Arbeiter.))

9,9

3,0

0,49

0,33

Die Ergebnisse von mehr als 95.000 Nukleararbeitern, mehr als 3 Millionen Mannjahre, widerlegen die Nullthese und sollten dazu führen, daß Linearmodelle ohne Schwellenwert nicht weiter benutzt werden. Die Zahlen besagen, daß die optimale Lebensexposition bei etwa 250 mSv über der Hintergrundexposition liegt. Da mehrere Beschäftigte mehr als 400 mSv erhielten, könnte das Optimum für weiße, männliche Erwachsene sogar bis zu 20 mSv/Jahr für 20 Jahre betragen. (Mit Sievert wird die Äquivalentdosis gemessen, die in lebendem Gewebe absorbiert wird.)

Kanadische Nukleararbeiter

J. D. Abbatt und Mitarbeiter verglichen die Krebssterblichkeit weißer, männlicher Nukleararbeiter mit denen anderer weißer, männlicher Arbeiter in einem kanadischen Energieunternehmen (Abbatt 1983). Die Daten für einen 20-Jahre-Zeitraum wurden als SSR-Werte angegeben. Die altersbereinigten Ergebnisse (Abbildung 5) zeigen, daß 4000 Nukleararbeiter eine niedrigere Krebssterblichkeit hatten als die 21.000 Kohle- und Gasarbeiter im gleichen Betrieb. Die Krebssterblichkeit der Kontrollkohorte war mit der der Bevölkerung der Umgebung vergleichbar. In dem untersuchten Zeitraum gab es bei den Nukleararbeitern keine Leu­kämietodesfälle.

Abbildung 5. Krebssterblichkeit kanadischer NukleararbeiterDie Krebsterblichkeit von 4000 männlichen KKW-Arbeitern lag signifikant unter der von 21.000 Arbeitern anderer Wärmekraftwerke. Quelle: Abbatt 1983.

In einer späteren Untersuchung wurde bei kanadischen Nukleararbeitern keine Hormesis festgestellt (Gribbin 1993). M. A. Gribbin und Mitarbeiter nahmen dabei eine „Altersbereinigung“ vor, ohne jedoch genügend Daten anzugeben.

In einer ausführlichen Untersuchung hat G. M. Matanoski etwa 70.000 weiße, männliche Nukleararbeiter in acht US-Schiffswerften in den Jahren 1960 bis 1981 begutachtet (Matanoski 1991). Die altersbereinigte Gesamtsterblichkeit wurde für 32.510 nichtexponierte und für 38.230 exponierte Arbeiter angegeben. Die Haupttodesursachen waren Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Erkrankungen der Atemwegsorgane. Die SSR für die Gesamtsterblichkeit nichtexponierter Arbeiter war 1,00, die gleiche wie für die Allgemeinbevölkerung. Die SSR für die Gesamtsterblichkeit bei Arbeitern mit einer Exposition von mehr als 50 mSv war 0,76 – signifikant weniger als die für nichtexponierte Arbeiter. Die Gesamtsterblichkeit exponierter Arbeiter stand im umgekehrten Verhältnis zu der Lebensdosis (Abbildung 6).

Abbildung 6. Gesamtsterblichkeit von Arbeitern in US-AtomwerftenDie Gesamtsterblichkeit von etwa 38.000 exponierten Atomwerftarbeitern lag signifikant unter der von etwa 32.500 nichtexponierten Arbeitern in den gleichen Betrieben (p < 0,001). Quelle: Manatowski 1991.

Die Leukämiesterblichkeit bei amerikanischen Werftarbeitern, die eine Lebensdosis von weniger als 10 mSv erhielten, lag bei etwa der Hälfte jener von nichtexponierten Arbeitern. Dieses empfindliche Kriterium läßt somit auf Strahlungshormesis schließen. Die Leukämiesterblichkeit aller exponierter Arbeiter war nicht signifikant niedriger als die der nichtexponierten Arbeiter.

Die meisten spezifischen Krebsarten zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen exponierten und nichtexponierten Werftarbeitern. Jedoch hatten Arbeiter mit einer Lebensdosis über 200 mSv eine signifikant niedrigere Lungenkrebssterblichkeit als die nichtexponierten Arbeiter. Es wurde keine Bereinigung für Rauchen oder Dieselabgase vorgenommen. Eine Bereinigung für Asbest wurde nach Auswertung von Mesotheliomen vorgenommen.

Arbeiter in US-Rüstungsbetrieben

Arbeiter in den amerikanischen Nuklearwaffenfabriken wurden von verschiedenen Gruppen untersucht. Die umgekehrte Korrelation zwischen Strahlungsexposition und Gesamtsterblichkeit bei Atomwerftarbeitern war sehr ähnlich bezüglich jener für Krebssterblichkeit mit erhöhter Strahlungsexposition für Arbeiter in US-Nuklearwaffenfabriken.

1989 stellten E. S. Gilbert und Mitarbeiter fest, daß die SSR für die Gesamtsterblichkeit aller männlichen und weiblichen Beschäftigten in Nuklearwaffenfabriken 0,79 betrug (Gilbert 1989). Die SSR für Krebs- und Leukämiesterblichkeit der männlichen und weiblichen Mitarbeiter in diesen Nuklearwaffenfabriken zusammengenommen war 0,85 bzw. 0,71. Die Daten waren zwar 10 und 2 Jahre für Krebs bzw. Leukämie verzögert, und es hatte auch keine medizinische Begutachtung stattgefunden, um nach potentiellen Krebsinzidenzen zu suchen, doch der „Effekt auf den gesunden Arbeiter“ könnte einen Teil dieser niedrigen Werte erklären. Es gab eine leichte, statistisch nicht signifikante Zunahme von Prostatakrebstodesfällen in der Gesamtpopulation der drei Fabriken. Die Zahlen lassen den deutlichen Schluß zu, daß die lebenslange Exposition schwacher ionisierender Strahlung keine schädlichen Folgen hat.

Die Ergebnisse dieser frühen Studie wurden mit einer Untersuchung an 35.933 weißen, männlichen Beschäftigten in drei Nuklearwaffenfabriken bestätigt: Oak Ridge National Laboratory, Rocky Mountains Nuclear Weapons Plant und der Hanford-Anlage (Gilbert 1989, 1990). Es wurde eine gesunkene Krebssterblichkeit bei steigender Lebensexposition festgestellt (Abbildung 7). Diese Unterschiede waren für jede untersuchte Exposition signifikant. Die Leukämiesterblichkeit schien bei exponierten Arbeitern niedriger zu sein. Jedoch war der Stichprobenumfang zu gering, um eine statistisch signifikante Aussage zu treffen. Die Lungenkrebssterblichkeit für Arbeiter mit einer Exposition von weniger als 100 mSv schien niedriger als die nichtexponierter Arbeiter zu sein; jedoch waren die Unterschiede nicht statistisch signifikant (Luckey 1994 a). Arbeiter mit einer Exposition von mehr als 200 mSv hatten eine signifikant niedrigere Lungenkrebssterblichkeit als nichtexponierte Arbeiter.

Abbildung 7. Krebssterblichkeit in drei Nuklearwaffenfabriken (USA). Die Krebssterblichkeit exponierter Nukleararbeiter war niedriger als die nichtexponierter Arbeiter im gleichen Betrieb, und die Sterblichkeit sank mit zunehmender Lebensdosis. Die kumulative Krebssterblichkeit enthält Kontrolldaten. Die statistische Signifikanz ist in jedem Beispiel mit p < 0,001 gut. Quelle: Gilbert 1989.

Bei leicht exponierten Mitarbeitern (303 weiße Männer) in einer vierten Nuklearwaffenfabrik, dem Los Alamos National Laboratory, wurde eine leicht geringere Sterblichkeit festgestellt als bei 15.420 weißen, männlichen nichtexponierten Arbeitern (Wiggs 1994). Wenn man die Sterblichkeit nichtexponierter Arbeiter als Standard (1,00) setzt, betrug die Sterblichkeit der mit 10-50 mSv exponierten Arbeiter:

alle Krebse

0,77

alle Leukämiefälle

0,35

Lungenkrebs

0,51

Bei Expositionen über 50 mSv zeigten die Arbeiter keinen Gewinn mehr von der Strahlungsexposition. Die Hirntumorsterblichkeit exponierter Arbeiter war etwas größer als die der Kontrollgruppe. Die geringe Zahl der erfaßten Arbeiter verringert die Aussagekraft der Los-Alamos-Untersuchung.

Die Ergebnisse der Studien über exponierte britische, kanadische und US-amerikanische Nukleararbeiter bestätigen die umgekehrte Korrelation zwischen Strahlungshöhe und Krebssterblichkeit. Weiter erhärtet wird diese Vorstellung durch Untersuchung von Menschen, die akuter Strahlung (Atombombe) ausgesetzt waren, sowie durch Tierexperimente mit akuter und chronischer Strahlungsexposition.

Überlebende der Atombombenabwürfe

1945 wurden Atombomben über Hiroshima und Nagasaki gezündet. Die Überlebenden wurden akut unterschiedlichen Dosen ionisierender Strahlen ausgesetzt. In den 50 Jahren seither wurden die Wirkungen akuter Dosen ionisierender Strahlen unabhängig von den physischen Verletzungen durch die Detonation und umherfliegender Trümmer untersucht. Die Krebstodesfälle dieser Überlebenden zeigen eine „J-Kurve“ (Abbildung 8 b). Leicht exponierte Menschen haben eine geringere Sterblichkeit an soliden Tumoren und Leukämie als die Kontrollgruppen (Tabelle 3) (Shimizu 1992). Diese Zahlen bestätigen die Hormesis-These und zeigen, daß die Gesamtwirkung beim Menschen bei akuter wie chronischer Exposition ähnlich ist: geringe Dosen sind hormetisch.

Abbildung 8. Vollständige Dosis-Wirkungs-KurveBei ständiger Bestrahlung (a) sind alle Dosen, die eine größere Wirkung als die Kontrollen zeigen, hormetisch. Der Schnittpunkt links (A) bedeutet die Reaktion von Kontrollen bei normaler Umgebungsstrahlung. Alle Werte überhalb der gestrichelten Linie sind hormetisch. Das Optimum O ist nicht genau definiert. Bei der vom Nulläquivalenzpunkt (NÄP) dargestellten Punkt ist die Reaktion vergleichbar mit der des Kontrollwertes. Alle Werte unterhalb der gestrichelten Linie sind schädlich; D stellt ein Strahlungsdefizit und X einen Strahlungsüberschuß dar. Die umgedrehte Regenbogenkurve (b) wird häufig für Krebsmortalitätsstudien verwendet, z. B. jenen über die Überlebenden der Atombombenabwürfe. Die verwendeten Symbole sind die gleichen wie in (a).

Theorie des Hormesismechanismus

Der Nutzen schwachaktiver Bestrahlung wird auf mehrere sich überlappende Mechanismen zurückgeführt. Schwachaktive Bestrahlung stimuliert den Zellstoffwechsel, darunter auch die Photosynthese; dies nennt sich radiogener Metabolismus. Schwachaktive Bestrahlung stimuliert auch DNA, RNA und die Membranreparatur sowie außerdem die Produktion von Zytokininen und Zellreaktionen, die zu einer erhöhten Immunkompetenz beitragen. Eine höhere Immunkompetenz ist für eine statistisch signifikante geringere Sterblichkeit an Infektionen und Krebs bei Tieren wie Menschen verantwortlich. Der wichtigste Mechanismus dabei ist die wesentliche Wirkweise ionisierender Strahlen.

Tabelle 3: Krebs-und Leukämietote unter Atombombenüberlebenden

Dosis in cSv

0–0,9

1–1,9

2–4,9

5–9,9

10–19,9

20–49,9

> 50

Personen

45.148

7430

9235

6439

5316

6271

6681

Leukämie

81

11

14

8

11

21

75

Leukämie/105

179

148

152

124

207

335

1123

Veränderung((Veränderung von Kontrolle (erste Spalte) gegenüber Exponierten bei jeweiliger Dosis))/105*

0

–31

–27

–55

+28

+156

+944

Andere Krebse

3.246

498

717

516

400

533

573

Andere Krebse/104

719

670

776

801

752

850

858

Veränderung((Veränderung von Kontrolle (erste Spalte) gegenüber Exponierten bei jeweiliger Dosis))/104

0

–49

+57

+82

+33

+131

+139

(Quelle: Shimizu et al., 1992, S. 72)

  • Radiogener Metabolismus. Radiogener Metabolismus ist die Förderung von Stoffwechselprozessen durch ionisierende Strahlung. Radiogener Metabolismus wurde in Algen, Bakterien und Einzellern festgestellt (Luckey 1978, 1980). Der Umstand, daß Algen energiereiche Photonen (Röntgen- und Gammastrahlen) umsetzen können, läßt darauf schließen, daß diese Energiequelle benutzt wurde, bevor langsame Photonen, Licht, die Wolken- und Vulkanstaubmassen der Urerde durchdrangen. G.F. Atkinson beobachtete ein erhöhtes Wachstum bei einer blaugrünen Alge, wenn diese Röntgenstrahlen ausgesetzt war (Atkinson 1898). Planel und Mitarbeiter konnten dies mit einer blaugrünen Alge, die in beleuchteten Kästen gehalten wurde, vollkommen bestätigen (Conter 1980). Den entscheidenden Hinweis auf die Nutzung energiereicher Strahlung in der Photosynthese fand man in der Reaktion photosynthesefähiger Bakterien and Algen auf gefilterte Gammastrahlen von Kobalt-80 in Abwesenheit sichtbaren Lichtes. Ein Beispiel hierfür ist die Reaktion der Alge Rhodopseudomonas capsulata (Abbildung 9). Die optimale chronische Dosisrate scheint bei 50 cGy/Std zu liegen. Bemerkenswert ist, daß das Wachstum dieses Organismus auch bei sehr hohen Expositionen von bis zu 5 kGy/Std nicht beeinträchtigt zu sein scheint. Daraus geht hervor, daß es im Zellstoffwechsel eine rudimentäre Anlage für die Nutzung ionisierender Strahlung gibt. Daraus geht außerdem hervor, daß ionisierende Strahlung bei Gärungsvorgängen und der Photosynthese in der Mikrobe eine Rolle spielt.
Abbildung 9. Wirkung von Gammastrahlen auf das AlgenwachstumDie Reproduktion der Alge R. capsulata erhöhte sich durch Dauerexposition von Kobalt-60-Gammastrahlung. Das Optimum trat bei etwa 50 cGy/h ein; der NÄP war etwa 50 Gy/h.

Es ist wahrscheinlich, daß sowohl die Aktivierung des Zellreparatursystems wie auch der radiogene Metabolismus zu der erhöhten Immunkompetenz leicht bestrahlter Tiere beitragen.

  • Strahlungshormesis und Immunität. Der zweite allgemeine Mechanismus betrifft das komplexe Immunsystem (Luckey 1973). Die Hauptfunktion des Immunsystems liegt darin, „nichteigene“ Zellen und ihre Bestandteile, vor allem eindringende Mikroben und winzige Tumoren, aufzuspüren und zu zerstören. Beteiligt an der Immunkompetenz sind Thymus, Milz, ein Bursa-Äquivalent, Knochenmark, Hypophyse und verschiedene Leukozyten, Hormone und Zytokinine.

Schwachaktive Bestrahlung scheint die Dominanz von Supressor-T-Zellen zu verringern und ein effektiveres Vorgehen von Helfer-T-Zellen, Killerzellen und funktionalen Z-Zellen (bei der Antikörperproduktion beispielsweise) zu ermöglichen. Erhöhte Immunkompetenz könnte zu geringerer Infektionsneigung und Krebssterblichkeit führen. Beides könnte für die gestiegene durchschnittliche Lebensdauer verantwortlich sein, welche man durchgängig nach starker oder schwacher Bestrahlung beobachtet.

Erhöhte Immunkompetenz in leicht bestrahlten Versuchstieren wurde bereits Anfang dieses Jahrhunderts festgestellt. Diese Effekte wurden in den anschließenden Jahrzehnten umfassend bestätigt (Taliaferro 1969). Jüngste Forschungen haben sich mit molekularen Modellen für unterschiedliche Aspekte des Immunsystems beschäftigt. Aus den Angaben geht hervor, daß bei der erhöhten Immunkompetenz nach schwachaktiver Bestrahlung Wechselwirkungen mit dem Zentralnervensystem wie auch dem genetischen Ausdruck eine Rolle spielen (Makinodan 1992, Liu 1994, Hattori 1994, Zu 1996).

  • Wachstumsförderung mit ionisierender Strahlung. Es gibt einen wichtigen allgemeinen wachstumsfördernden Mechanismus, der Zellreparatur, radiogenen Metabolismus, das Immunsystem und die eigentliche Natur ionisierender Strahlung umfaßt. Ist ionisierende Strahlung für das Leben unabdingbar? Wenn ja, dann würde dies unsere Grundvorstellung von dieser allgegenwärtigen Erscheinung ändern. Um in Harmonie mit der Natur zu leben, müssen wir herausfinden, ob ionisierende Strahlung eine wesentliche Lebensvoraussetzung ist.

Ein „Rosettastein“ ist erforderlich, um die Wirkungen schwachaktiver Strahlung in ein Verständnis der Rolle dieser allgegenwärtigen Erscheinung in unserem Leben zu übersetzen helfen (Luckey 1994b).

Den Strahlungsmangel überwinden

Erhöhte Exposition schwachaktiver Strahlung dient der Gesundheit und verlängert das Leben. Es ist belegt, daß Arbeiter, die etwa 5 mGy/Jahr (insgesamt etwa 7 mGy/Jahr) ausgesetzt waren, eine längere durchschnittliche Lebensdauer und eine geringere Krebssterblichkeit als die Allgemeinbevölkerung oder nichtexponierte Arbeiter in der gleichen Fabrik haben. Weitere Informationen ergeben sich, wenn man die Daten von Menschen mit denen von Tieren kombiniert.

Nach unserem heutigen Wissen läßt sich sagen, daß ein sicherer, vorsichtiger Toleranzwert um das Zwei- bis Dreifache höher als der heutige liegen würde. Ein Minimum von 5–10 mGy/Jahr würde Erwachsenen eine bessere Gesundheit bringen. Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, haben Generationen in verschiedenen Teilen der Welt mit dem Mehrfachen dieser Exposition gelebt, und die Effekte in vielen Generationen von Menschen wie Tieren zeigen, daß dies ein geeigneter Maßstab für ganze Bevölkerungen ist. Es sind jedoch weitere Forschungen erforderlich, bevor entsprechende Daten verfügbar sind, um einen empfohlenen Toleranzwert von mehr als 10 mGy/Jahr zu befürworten. Vorsichtig läßt sich sagen, daß die Gesundheit der Menschen und der Reichtum von Nationen stiege, wenn wir in unserer Umwelt erhöhter ionisierender Strahlung ausgesetzt wären, von 1–3 mGy/Jahr heute auf 5-10 mGy/Jahr.


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