Die Wechselseitigkeit der Extreme: Die Astrophysik der Gurwitsch-Strahlung

„Wenn es in diesem Universum ein Wirkprinzip gibt, das der Gurwitsch-Strahlung entspricht, was sagt dieses Prinzip dann über die Natur des Universums selbst aus?“ Bild oben: die Andromeda-Galaxie. Bild unten: Gurwitschs Zwiebelexperiment, mit dem nachgewiesen wurde, daß die mitogenetische Strahlung einer Zwiebelwurzel die Zellteilungen in einer zweiten Zwiebelwurzel erhöht. Bild oben: NASA/JPL-Caltech; Bild unten: A. G. Gurwitsch, Das Problem der Zellteilung, 1926

Ich habe sowohl im mündlichen wie im schriftlichen Austausch mit entsprechenden Kreisen die Erfahrung gemacht, daß der häufigste und oft verheerendste Fehler im Geistesleben angeblich hervorragend ausgebildeter Wissenschaftler von heute die hartnäckige Weigerung ist, die offensichtlichsten und hartnäckigsten Infragestellungen ihrer üblichen Annahmen in Betracht zu ziehen. Typisch für dieses Problem, das man bei Experten verschiedener Fachgebiete antrifft, ist ein axiomatisches Problem aus einem der bedeutendsten, wenn auch relativ wenig bekannten Zweige der Wissenschaft. Ich meine damit eine Frage aus dem Bereich der Biologie. Ich konzentriere mich dabei auf das, was als die offensichtlichste experimentelle Bedeutung der sogenannten Gurwitsch-Strahlung gelten sollte.((Die Gurwitsch-Strahlung oder mitogenetische Strahlung ist eine schwache elektromagnetische Strahlung von Zellen, die das Wachstumsverhalten anderer Zellen beeinflussen kann. Siehe „Twenty Years of Mitogenetic Radiation: Emergence, Development, and Perspectives,“ von Alexander Gurwitsch und Lydia Gurwitsch, 21st Century Science & Technology, Herbst 1999. https://21sci-tech.com/Articles_2010/weak_forces/20_Years_Mitogenic_Radiation.pdf Und Dr. Wolfgang Lillge, Biophysik und das Leben, FUSION Nr. 3, 2001. https://www.fusionmagazin.de/article/biophysik-und-das-leben/)) Für meine Zwecke hier vereinfache ich die Frage, um die es unmittelbar geht, und spreche von den „Riemannschen Implikationen der Gurwitsch-Strahlung“.

Die Diskussion spielt sich in dem gleichen Rahmen ab, der meine philosophischen und verwandten Überlegungen seit sechs Jahrzehnten beherrscht. Er war insbesondere die Grundlage für meine Angriffe auf Professor Norbert Wieners Schwindel von der sogenannten „Informationstheorie“ vor fünf Jahrzehnten; er ist seither der Kern all meiner eigenen Entdeckungen und deren Entwicklung und Anwendung gewesen. In den letzten zwei Jahrzehnten kennen die Leser meiner Veröffentlichungen darin das am häufigsten wiederkehrende Thema meiner publizierten Arbeiten. Kein Wissenschaftler, der heute mit meinem Lebenswerk vertraut ist, kann an diesem Thema vorbeigehen.

Ich habe mich zwar seit Mitte bis Ende der 1940er Jahre mit verwandten Arbeiten von Wladimir Wernadskij, Nicolas Raschewskij und anderen beschäftigt, doch erst vor etwa anderthalb Jahrzehnten wurde ich durch meinen Mitarbeiter Jonathan Tennenbaum erstmals auf die Arbeit von Alexander Gurwitsch aufmerksam gemacht. Diese Bekanntschaft setzte mich in Erstaunen; Gurwitschs Entdeckung stimmte in bemerkenswertem Maße mit der entsprechenden Arbeit von Wernadskij überein. Die Darstellung von Professor Fritz-Albert Popp über Gurwitschs Arbeit waren unser erster Anhaltspunkt. Angesichts der Bedeutung dieser Arbeit für den gesamten Bereich der optischen Biophysik wurden dann die Forschungen über die Entdeckungen von Gurwitsch Mitte der 80er Jahre zu einem festen Bestandteil meiner eigenen Arbeit und der Arbeit der Fusion Energy Foundation (FEF) im Bereich der Strategischen Verteidigungsinitiative (SDI). Seit dem betrügerischen Zwangskonkurs des FEF-Magazins Fusion durch das US-Justizministerium im Jahr 1987 wurde das Interesse an Gurwitschs wichtigen Beiträgen zur Biologie durch die vierteljährlich erscheinenden Zeitschriften FUSION in Deutschland und Frankreich sowie 21st Century Science & Technology in den USA wieder aufgegriffen. In der vorliegenden Behandlung des letztgenannten Themas beziehe ich mich auf einen Bericht von Michael Lipkind, einem Schüler von Gurwitsch, erschienen in Vol. 11, Nr. 2 und 3, Sommer und Herbst 1998, der Vierteljahreszeitschrift 21st Century Science & Technology.((Der Bericht von Michael Lipkind ist auf deutsch erschienen in FUSION Nr. 4 und 5, 1987. LaRouches weiterer Artikel über Gurwitsch („Remarks on Gurwitsch’s Method“) ist nachgedruckt in EIR Vol. 47, No. 19, 8. Mai 2020, S. 40–48. https://larouchepub.com/eiw/public/2020/2020_10-19/2020-19/45-50_4719-lar.pdf))

Die Gurwitsch-Strahlung berührt einen wichtigen experimentellen Bereich, der implizit einige der grundlegendsten erkenntnistheoretischen Fragen für die Wissenschaft als Ganzes aufwirft. Gurwitschs Überlegungen und Beweise implizieren nicht nur solche Fragen; es ist unmöglich, die entscheidenden experimentellen Fragen ohne eine Versuchsanordnung zu lösen, die diese erkenntnistheoretische Frage direkt angeht.

Aus diesen und verwandten Gründen muß die Diskussion über die Gurwitsch-Strahlung in folgendem Rahmen angesiedelt werden. Seit Platon ist die elementarste mathematische Konzeption allen wissenschaftlichen Denkens – wie auch Luca Pacioli, Leonardo da Vinci und Johannes Kepler betonten – die Herausforderung, den Unterschied zwischen lebenden und nicht-lebenden Prozessen als axiomatischem Ordnungsprinzip, wie auch die noch tieferen Implikationen einer solchen Unterscheidung innerhalb eines Universums zu erkennen, das durchgehend kohärent sein muß. Das Konzept der Gurwitsch-Strahlung selbst wirft genau dieses Thema als die grundsätzliche Hauptfrage aller bekannten Probleme der mathematischen Physik auf.

Um den Rahmen zu definieren, in dem sich mein eigener Kommentar zur Gurwitsch-Strahlung bewegt, läßt sich das Grundargument folgendermaßen formulieren.

Das gegenwärtige Wissen der Menschheit über das Universum kennt drei axiomatisch unterschiedliche Ordnungsqualitäten von Prozessen. Wir kennen die anscheinend „entropische“ Ordnung, die gewöhnlich mit nicht-lebenden Prozessen verbunden ist. Zweitens kennen wir die „anti-entropische“ Ordnung lebender Prozesse. Schließlich ist uns aus der archäologischen Geschichte über die bewußte Zunahme der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte von Kulturen bekannt, daß sich die „Anti-Entropie“ menschlicher kognitiver Prozesse qualitativ von der Ordnung aller anderen lebenden Prozesse unterscheidet und darüber hinausgeht. Platon behauptete und Johannes Kepler präzisierte als erster einen vierten Punkt in Bezug auf diese Ordnungen: wie aus dem Umstand hervorgeht, daß die gesetzmäßige Ordnung des Sonnensystems als Ganzes ebenfalls anti-entropischen Prinzipien unterliegt, liegt der Ordnung des Universums als Ganzes ein anti-entropisches Prinzip zugrunde.

Indem man die Zunahme der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte einer Gesellschaft mit der produktiven Wirkung des wissenschaftlichen, technologischen und klassisch-kulturellen Fortschritts korreliert, ergeben sich zwei Punkte, die die Grundfragen der Naturwissenschaft betreffen. Erstens, jene Formen der Erkenntnis, die experimentell bestätigten Entdeckungen physikalischer Prinzipien entsprechen, drücken sich dadurch aus, daß von den kognitiven Prozessen des individuellen menschlichen Geistes eine erhöhte Anti-Entropie auf die zunehmende Macht des Menschen über das Universum übertragen wird, ausgedrückt in Maßangaben pro Kopf und pro Quadratkilometer. Zweitens, wie aus den entsprechenden Arbeiten Platons wie Keplers hervorgeht, entsprechen die geometrischen Merkmale des Prozesses einer stetigen, sukzessiven Zunahme dieser Kraft und decken sich daher mit den grundlegenden, gesetzmäßigen Merkmalen des Universums als Ganzes. Daraus ergibt sich, daß der Entwicklungsprozeß höherer Lebewesen in einer Riemannschen Form von vielfach verbundenen Mannigfaltigkeiten stattfindet.

Von diesem Standpunkt aus müssen wir unsere erkenntnistheoretische Untersuchung der Gurwitsch-Strahlung beginnen, indem wir vier verschiedene Ordnungsprinzipien in der Natur betrachten. Erstens die scheinbar entropischen Eigenschaften, die gemeinhin den sogenannten „nicht-lebenden“ Prozessen zugeschrieben werden. Zweitens die gegenteilige, anti-entropische Ordnung lebender Prozesse. Drittens eine weitere anti-entropische Eigenschaft, die nur der menschlichen Erkenntnis eigen ist und die es dem Menschen ermöglicht, die Macht seiner Spezies innerhalb des Universums und über das Universum als Ganzes zu vergrößern. Viertens, das anti-entropische Ordnungsprinzip, wie es u. a. von Platon und Kepler angeführt wird, welche das Potential der menschlichen Erkenntniskräfte zur Vergrößerung der Macht unserer Spezies über das Universum in sich faßt. Um diesen Punkt anders auszudrücken: das Ordnungsprinzip, das der erfolgreichen Umsetzung der anti-entropischen kognitiven Fähigkeiten des Menschen entspricht.

Im Uhrzeigersinn, von oben links: Nikolaus von Kues (1401–1464); Johannes Kepler (1571–1630); Bernhard Riemann (1826–1866); Carl Friedrich Gauß (1777–1855)

Um die Diskussion über die Gurwitsch-Strahlung einzuordnen, müssen zwei sehr grundlegende allgemeine Einsichten berücksichtigt werden, um die Nachweise dieser Strahlung interpretieren zu können. Erstens zwingt uns der Nachweis wichtiger Phänomene der Gurwitsch-Strahlung, die Untersuchung charakteristischen Merkmale lebender Prozesse auf die Annahme zu lenken, daß diese von einer Keplerschen Wechselwirkung zwischen lebenden und nichtlebenden Prozessen bestimmt werden. Zweitens muß die allgemeine Entwicklungsordnung innerhalb und zwischen lebenden Arten, wie sie durch die Effekte der Gurwitsch-Strahlung untermauert wird, mit einer Riemannschen Form vielfach verbundener Mannigfaltigkeiten übereinstimmen. Drittens beziehen sich beide auf alle vier verschiedenen Grundordnungen, die ich oben aufgeführt habe.

In der praktischen Erfahrung der vermeintlich Gebildeten von heute kommen die verschiedenen Ironien des Satzes, den ich soeben ausgedrückt habe, auf zwei miteinander verbundene Arten zum Ausdruck.
Der unmittelbare Einwand gegen das Prinzip des Gurwitsch-Versuchs spiegelt die Tatsache wider, daß wir gegenwärtig in einer globalen Kultur leben, in der die meisten Berufsschichten überwiegend miserabel ausgebildet und von reduktionistischen Ideologien durchsetzt sind. Diese Ideologien basieren in erster Linie auf der intellektuellen und moralischen Dekadenz, die in den Schriften des Aristoteles gelehrt wird; in zweiter Linie geht es um die noch dekadenteren, weit verbreiteten reduktionistischen Kulte von heute wie den Empirismus und seine radikalpositivistischen Ableger.

In Bezug auf die grundlegenden Fragen der Gurwitsch-Strahlung gibt es unter den heutigen Mathematikern und Wissenschaftlern ein weiteres Haupthindernis für eine rationale Betrachtung: das beliebte empiristische Dogma von Isaac Newton, Leonhard Euler, Augustin Cauchy und anderen, daß das physikalische Universum im unendlich Kleinen als linear betrachtet werden muß. Diese Annahme schließt jede ernsthafte Überlegung über die Natur des Grundprinzips aus, von dem die „mathematische Möglichkeit“ für die Existenz von Leben abhängt.

Das zweite Hindernis ist das Unvermögen selbst vieler Gegner reduktionistischer Ideologien, die entscheidende Verbindung zwischen der Gründung der modernen experimentellen Physik durch Nikolaus von Kues und der ursprünglichen Entdeckung von Johannes Kepler zu erkennen, die Keplers elementare Sichtweise modularer Funktionen über alle anderen, früheren Anhänger von Platons Untersuchung des Goldenen Schnitts stellt. Um dieses Problem in Form einer Frage auszudrücken: Wenn es in diesem Universum ein der Gurwitsch-Strahlung entsprechendes Wirkprinzip gibt, was beweist dieses Prinzip dann über die Natur des Universums selbst?

Das erste Hindernis sei nur allgemein angeführt, um die dümmsten und banalsten Einwände gegen mein Argument beiseite zu schieben. Die Probleme, die eine Riemannsche Lesart der Gurwitsch-Strahlung aufwirft, lassen uns auf den entscheidenden Unterschied zwischen einer anti-entropischen Ordnung, wie sie zum Beispiel in Platons Timaios vorkommt, und dem höheren Standpunkt zu konzentrieren, der, beginnend mit Cusas De docta ignorantia, zur Entwicklung moderner hypergeometrischer Methoden führte, insbesondere durch Kepler, Leibniz, Gauß und Riemann. Cusas Entdeckung, daß die Erzeugung von Kreisbewegungen von höherer Kardinalität ist, als Archimedes angenommen hatte, markiert den konzeptionellen Wendepunkt, der die höhere mathematisch-physikalische Sichtweise der modernen Hypergeometrie qualitativ von der Ebene von Platon-Anhängern wie Archimedes unterscheidet. Die axiomatischen Implikationen der Gurwitsch-Strahlung gehören in diesen letztgenannten Bereich.

Der cusanische Standpunkt

Um die Diskussion fortzuführen, wollen wir einmal von der von heutigen „Wissenschaftsköchen“ vertretenen heuristischen Ansicht ausgehen, daß das „Universum in einer relativ einfachen Form begann“ und danach immer höhere Seinsformen entwickelte. Einige dieser „Köche“, eine Minderheit, gehen noch weiter. Sie bestehen darauf, daß man selbst bei Betrachtung der rudimentärsten dieser denkbaren Formen implizit eine globale Gerichtetheit einer solchen Entwicklung zu höheren Formen annehmen müsse. Dies ist der Standpunkt, der uns von Johannes Keplers und Carl Gauß‘ Ansatz in der Astrophysik vermittelt wurde, der Standpunkt, der implizit im allgemeinen Gauß-Riemannschen Begriff einer mehrfach verbundenen Mannigfaltigkeit enthalten ist.

Diese „evolutionäre“ Sicht des Universums ergibt sich unmittelbar aus den fortschrittlichen Methoden der modernen experimentellen Physik. Der Bezugspunkt läßt sich wie folgt darstellen.
Es gibt zwei Bezugspunkte. Wenn man einerseits nach außen zu den derzeit bekannten Grenzen der Astrophysik schaut, müssen wir uns als Beobachter an einem Punkt auf der Erdoberfläche in Bezug auf all die Bewegungen im Universum positionieren, innerhalb derer sich die Erde und unsere Position als Beobachter auf ihr bewegen. Auf der anderen Seite müssen wir das Geschehen, mit dem wir es zu tun haben, in Bezug auf all die es kreuzenden Bewegungen von der entferntesten Kleinheit der Mikrophysik verstehen. Die meisten „Wissenschaftsköche“ sind nicht in der Lage, zu erkennen, was als zwingende Folge der Wechselwirkung zwischen den unterschiedlichen, interagierenden und zusammenhängenden Ordnungstypen (Prozessen) verstanden werden sollte. Ob nun viele der „Köche“ diese Tatsache heutzutage anerkennen oder nicht, müssen wir bei all diesen Beobachtungen die Rolle der Vielfachverknüpfung zwischen scheinbar nicht lebenden, lebenden und kognitiven Prozessen berücksichtigen, und wir müssen auch die vielfach verknüpfte Beziehung zwischen diesen vier qualitativen Prozessen („nicht-lebend“, lebend, kognitiv, universell) im definierenden Gesamtrahmen des Universums erfassen.

Cusas Entdeckung, daß die Kreisbewegung eine höhere Kardinalität darstellt, als die klassischen Griechen, einschließlich Archimedes, diese in den Grenzen der irrationalen Zahlen gesucht hatten, durchbrach die mathematischen Barrieren, die dem späteren Aufkommen der Hypergeometrie im Wege standen. Keplers Reaktion auf die Erkenntnisse seiner Vorgänger Nikolaus von Kues, Pacioli und Leonardo da Vinci führte uns zu den Anfängen einer allgemeinen Vorstellung physikalischer Hypergeometrien, wie die Implikationen der elliptischen Bahn des Mars am deutlichsten zeigen. Der Fortschritt, der von Cusas Beweis der höheren („transzendentalen“) Kardinalität der Kreisbewegung ausging, führte somit zu dem Standpunkt, der durch Keplers Herangehensweise an das Problem einer vielfach verbundenen Mannigfaltigkeit definiert wurde. Keplers Arbeit führte den Begriff der transzendentalen und noch höheren Kardinalitäten aus dem formal-mathematischen Bereich des Goldenen Schnitts in den höheren Bereich der Physik. Es war Kepler, der mit seinem Verständnis der Implikationen der elliptischen Umlaufbahn des Mars den entscheidenden ersten Schritt in diesen höheren Bereich der Forschung machte. In diesem Sinne ermöglichte es Kepler, die Unterscheidung zwischen unbelebten und belebten Prozessen in ihrer physikalischen und nicht nur formal-mathematischen Bedeutung zu definieren.

Alle grundlegenden Fragen zu den Wechselwirkungen zwischen lebenden und nicht lebenden Prozessen finden sich in jenem erkenntnistheoretischen Bezugsrahmen, der sich insbesondere durch die Weiterentwicklung des Begriffs der vielfach verbundenen Mannigfaltigkeiten vor allem durch Leibniz, Gauß und Riemann ergibt.

Eine Synopse dieses Punktes

Richten wir ein besonderes Augenmerk auf Gurwitschs Verwendung des Begriffs des biologischen Feldes.

In einer ersten Annäherung wollen wir den umfassenderen Begriff Feld verwenden, um darzustellen, daß die Unterscheidung zwischen den Ordnungen lebender und nicht lebender Prozesse, die Wechselwirkungen solcher Ordnungen und die Wechselwirkungen aller mit der implizit Keplerschen Ordnung des gesamten Universums jeweils ein eigenes Feld bezeichnen. Gehen wir noch einen Schritt weiter und schließen wir alle vier der oben genannten allgemeinen Typen in die Gruppe der interagierenden Felder ein.

Wie bei dem cusanischen Beweis, daß die Kreisbewegung grundsätzlich transzendental und nicht einfach algebraisch ist, decken sich die Unterschiede in der Ordnung, die einen Feldtyp von einem anderen trennen, mit den Unterschieden zwischen solchen Typen, die Gottfried Wilhelm Leibniz als charakteristische nicht-konstante (nicht-lineare) Krümmung von Prozessen in ihren infinitesimal kleinen Aktionsintervallen definiert hat. Vom elementaren epistemologischen Standpunkt aus müssen diese „nichtlinearen“ Unterschiede notwendigerweise dem entsprechen, was wir heute als relativ „sehr starke Kräfte“ bezeichnen würden, die mit globaler Wirkung auf das infinitesimal Kleine wirken.

Diese „Kräfte“, die global wirksam sind, müssen sich experimentell in der Kleinheit der mikrophysikalischen Skala äußern. Das sind epistemologische Schlüsse, keine spekulativen Vermutungen. Diese „Kräfte“ sind als Wechselwirkungen zwischen Feldern zu verstehen, da wir dem Begriff Feld vorerst eine besondere Bedeutung zugewiesen haben. Es gibt also die „starken Kräfte“, die den Wechselwirkungsstreß zwischen lebenden und nicht lebenden Prozessen oder die Auswirkungen des universellen oder „Keplerschen“ Feldes auf beide widerspiegeln.

Der Begriff der „starken Kräfte“ wirkt sich in zweierlei Hinsicht auf unsere Diskussion aus. Erstens: Wenn eines der Felder, wie wir diesen Begriff hier besonders verwenden, einem anderen „seinen Willen aufzwingt“ – ausdrückt in seinem besonderen Ordnungsprinzip –, ergibt sich ein „Beugungseffekt“, den das eine Feld auf das kreuzende Feld ausübt. Es ist, als ob die Geometrie des Universums (repräsentiert durch das letztere Feld) verändert würde, um sich der Geometrie des Universums (repräsentiert durch das erstere) unterzuordnen. Zweitens bringt uns die Vorstellung einer solchen „Willenserzwingung“ zu Leibniz‘ sich überlagernden Begriffen der analysis situs und der Monadologie, wie sie von Lazare Carnot und anderen Mitarbeitern von Gaspard Monge ertragreich erforscht wurden.

Betrachten wir dies vom Standpunkt eines darob verdutzten mathematischen Formalisten: Was ist die Art des Vorgehens, die durch die Beziehung der Vielfachverknüpfung ausgedrückt wird, da diese Beziehung integraler Bestandteil des Gauß-Riemannschen Begriffs einer vielfach verknüpften Mannigfaltigkeit ist, wie die astrophysikalische Mannigfaltigkeit? Damit sind eine Reihe von Fragen definiert, die mathematisch im komplexen Bereich gestellt werden können, deren Antworten finden sich aber im Bereich der experimentellen Physik. Das heißt: Die unentdeckten Teile des Wirkungsbreichs der Vielfachverknüpfung des Universums als Ganzes, sowohl im astrophysikalischen Großen als auch im mikrophysikalischen Kleinen, wirken effizient auf den Gegenstand unserer Untersuchung in einem unteren Bereich der Vielfachverknüpfung. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, läßt sich die Frage so stellen: Die noch zu messende „nichtlineare“ Diskrepanz spiegelt sich für die Messung in der immer extremeren, noch zu entdeckenden Ferne des unendlich Kleinen wider.

Mit gewissen Einschränkungen muß auch jede einzelne lebende Art und die zugehörige Gattung als ein Feld in einem solchen vielfach verknüpften Bereich betrachtet werden. Die entscheidende Einschränkung ist die Wechselbeziehung, die die lebende Biosphäre in ihrem gegenwärtigen Zustand durchdringt. Die Existenz des Vertreters einer einzelnen Art muß notwendigerweise (epistemologisch gesehen) nicht nur von der Überlagerung eines solchen Feldes durch ein anderes abhängen, sondern von einer wechselseitigen Abhängigkeit.

Damit ist die Aussage des allgemeinen Punktes, den ich hier einführen möchte, abgeschlossen.


Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien auf Englisch zuerst in der Herbstausgabe 1998 der Zeitschrift 21st Century Science & Technology. Deutsche Erstübersetzung: Dr. Wolfgang Lillge.

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