Schluß mit dem energiepolitischen Wahnsinn der Bundesregierung: Atomkraft als Garant der Zukunft

Ein Aufruf des Fusion-Energie-Forums


Was hier in Deutschland von der rotgrünen Bundesregierung unter der Rubrik „Energiepolitik“ praktiziert wird, läuft auf eine radikale Demontage der industriellen, infrastrukturellen und wissenschaftlich-technischen Basis unserer Wirtschaft hinaus. Die politische Opposition, die Wirtschaftsverbände und teilweise auch die Gewerkschaften leisten zwar gewissen Widerstand gegen die extremsten Elemente dieser zerstörerischen Politik, doch von keiner dieser Seiten wird eine volkswirtschaftlich kompetente, langfristig angelegte Energiepolitik vorgelegt, die das Bestehen der Bundesrepublik als führende Industrie- und Exportnation garantieren könnte. Eine ähnliche, wenn teilweise nicht ganz so extreme Situation gilt für Europa und die Industrienationen insgesamt. Die Gründe dafür sind nicht schwer zu erkennen.

Die Anfänge der industriellen Demontage (einschließlich der Demontage des strategisch entscheidenden Kernenergiesektors) gehen weit zurück, und dieser Prozeß wurde bereits während der Regierungszeit von Helmut Kohl trotz dessen angeblicher pro-industrieller Einstellung konsequent weiter vorangetrieben. Die Umwandlung der Bundesrepublik in eine „nachindustrielle“ Dienstleistungsgesellschaft nach Vorbild der USA und der Abbau nationalökonomischer Strukturen zugunsten einer radikalen Globalisierung, Deregulierung und Privatisierung der Wirtschaft, einschließlich Schlüsselbereiche der lebenswichtigen Infrastruktur, wurden von allen großen Parteien und beinahe allen wirtschaftlichen Organisationen und Institutionen befürwortet oder mindestens ohne nennenswerten Widerstand hingenommen.

Dabei steht der „ökologische Dirigismus“ der Grünen – die u. a. eine Landplage unwirtschaftlicher und umweltverschandelnder Windkraftanlagen massiv durch den Staat subventionieren lassen – mit der Politik der radikalen Liberalisierung der Märkte nur scheinbar in Widerspruch. Beide blockieren eine langfristige, rationale Energie- und Infrastrukturplanung und die dazu notwendigen langfristigen Investitionen. Beide sind symptomatisch für die Realitätsferne einer zunehmend von reinen Finanzinteressen dominierten Wirtschaft, in der die Frage, woher der Gewinn kommt – aus Produktion und Technik, aus der Vernichtung derselben oder einfach „aus dem Nichts“ durch reine Spekulation – überhaupt keine Rolle mehr spielt.

Darüber hinaus findet die genannte Demontage nicht nur in der Bundesrepublik statt, sondern in allen Industrienationen, bloß mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Man braucht sich nur den elenden Zustand der Stromwirtschaft in den USA anzuschauen, den man in Europa offenbar so schnell wie möglich nachahmen will. Wir haben es heute mit den Konsequenzen jenes „Paradigmawechsels“ zu tun, der vor 30 Jahren die Wirtschafts- und Finanzpolitik sämtlicher westlicher Industrienationen erfaßt hat. Es begann mit den grünen Ideologien des Neomalthusianismus und der „nachindustriellen Gesellschaft“ und gipfelte jetzt in der größten spekulativen Finanzblase der Geschichte.

Der Realitätsschock kommt

Doch die große Ernüchterung, die an den Börsen und anderen Finanzmärkten nun Platz greift, signalisiert, daß die Ära der „nachindustriellen“ Wirtschaftspolitik sowie der radikalen Globalisierung, Deregulierung und Privatisierung an ihr längst überfälliges Ende gelangt. Der Anstieg der Erdölpreise kommt noch als heilsamer Schock hinzu.

Wenn die Welt nicht einfach im Chaos untergeht, wird bald eine völlig neue Wirtschaftsära beginnen, in der nicht fieberhafte Börsenwetten, sondern die reale physische Produktion wieder im Mittelpunkt stehen wird. Die scheinbare „Abkopplung“ des Wirtschaftswachstums vom Energiewachstum, die mit der Abkehr von einer industriellen Entwicklungspolitik zugunsten „nachindustrieller“ Utopien einherging, wird sich bald ins Gegenteil verkehren.

Diese Ära des erneuten physischen Wachstums ist praktisch unausweichlich, und zwar allein durch die rasante Dynamik des wirtschaftlichen Aufbaus in den riesigen Ländern China und Indien sowie anderen Teilen Asiens. Angesichts der Finanzkrise verstärken sich die Tendenzen in Richtung auf eine übergreifende regionale Zusammenarbeit unter Beseitigung der historischen Gegnerschaft zwischen Japan und China, wozu die vorgesehene Gründung eines der IWF-Politik entgegengesetzten Asiatischen Währungsfonds (AMF) gehört. Der Neubeginn zwischen Süd- und Nordkorea, der mit grenzüberschreitenden Infrastrukturprojekten unumkehrbar gemacht wird, hängt auch damit zusammen. So werden die Voraussetzungen für eine langanhaltende Periode rasanten wirtschaftlichen Aufbaus geschaffen, welche alles in den Schatten stellen wird, was die Welt bisher erlebt hat.

Auch in Rußland machen sich inzwischen Bestrebungen bemerkbar, nach zehn Jahren des Zerfalls die Wirtschaft dieses riesigen Landes langsam wieder aufzubauen. Dafür wird Rußland nicht nur seine riesigen Rohstoffreserven nutzen – die durch die neue Energiekrise an Bedeutung gewonnen haben –, sondern auch seine Schlüsselposition als eurasische Macht in die Waagschale werfen. Während Rußland einerseits mit Europa eine Zusammenarbeit „Erdöl- und Erdgas gegen Technologie“ entwickeln will, arbeitet die russische Diplomatie an der engen strategischen Partnerschaft mit Indien und China, die Großabnehmer russischer Waffensysteme sowie zunehmend auch der zivilen Kerntechnik und der Raumfahrttechnik sind. Beide Länder haben einen schnell wachsenden Bedarf an Rohstoffen und Energie.

In diesem Zusammenhang nimmt das Programm der „Eurasischen Landbrücke“ – die Schaffung eines umfangreichen Netzes von Infrastrukturkorridoren mit modernen Energie-, Transport-, Wasser- und Kommunikationssystemen zwischen Europa und Asien – stark an Bedeutung zu. Auf einmal steht eine ganze Reihe konkreter Projekte an: die Schaffung einer durchgehenden Eisenbahnverbindung von Südkorea über Nordkorea und die Transsibirische Eisenbahn nach Europa; der Bau einer Tunnel- oder Brückenverbindung vom eurasischen Festland zur Insel Sachalin im Rahmen der künftigen russisch-japanischen „Energiebrücke“; zahlreiche neue Pipeline-Projekte zwischen Rußland und China, Rußland und Europa usw; die Eröffnung eines Nord-Süd-Transportkorridors zwischen Rußland und Indien; die Fertigstellung der kontinentalen Autostraße im russischen Fernen Osten usw. Gleichzeitig nimmt China neben dem Dreischluchtendamm weitere „Megaprojekte“ in Angriff, darunter Wasserkanäle von insgesamt 2.400 km Länge, um Wasser aus dem Süden in den trockenen Norden des Landes zu befördern.

Weltweite Renaissance der Kernenergie

Die Abkehr vom grünen Kultur- und Technikpessimismus und die erneute Orientierung auf infrastrukturellen Aufbau führen unweigerlich zur Wiederbelebung der Kernenergie. Tatsächlich findet von den Medien unbeachtet – oder besser totgeschwiegen – bereits eine weltweite Renaissance der Kernenergie statt.

Der Verfasser dieses Artikels hat kürzlich Brasilien besucht, wo gerade das neugebaute 1.300-MW-Kernkraftwerk „Angra 2“ ans Netz gegangen ist. Der Bau von „Angra 3“ scheint so gut wie sicher, und auch eine auf eigener Technik basierende Urananreicherungsanlage nimmt in Brasilien bald den Betrieb auf. Dort schüttelt man den Kopf über die Zukunftsblindheit beim ehemaligen Kooperationspartner Deutschland. Bei dem rapiden Anstieg des Stromverbrauchs in Brasilien geht am Ausbau der Kernenergie kein Weg vorbei.

Weltweit befinden sich nach Angabe der Internationalen Atomenergiebehörde derzeit rund 40 Kernkraftwerke im Bau. 50 weitere sind unmittelbar geplant, mit Schwerpunkt im asiatischen Raum. Selbst das finanziell schwache Rußland hat bei Rostow am Don jetzt ein großes Kernkraftwerk fertiggebaut, weitere drei befinden sich in verschiedenen Stadien der Errichtung, und weit mehr sind geplant. Die russische Regierung sieht im massiven Ausbau der Kernenergie eine Hauptstütze der Energiesicherung des Landes. Gleichzeitig ist Rußland am Ausbau der Kernenergie in China, Indien, Iran und zahlreichen anderen Ländern beteiligt. Auch China hat angefangen, Kernkraftwerke zu exportieren. Wenn Deutschland so verblendet ist, seine einstige Führungsposition beim Export ziviler Kerntechnik aufzugeben, werden auf diesem zukünftigen riesigen Markt andere den Gewinn einfahren.

Auch die neuen Kerntechniken sind in Kommen. China hat einen ersten Hochtemperaturreaktor (HTR) nach Vorbild des deutschen „Kugelbett“-Konzepts in Betrieb genommen, in Japan läuft schon ein HTR anderer Bauart. Der südafrikanische Stromkonzern ESKOM plant die Serienproduktion modularer Kugelbettreaktoren mit Heliumturbinen für die Eigenversorgung sowie den Export in andere Entwicklungsländer. Amerikanische und britische Nuklearfirmen haben sich schon Anteile an dem vielversprechenden südafrikanischen Projekt gesichert. Dank der Irrationalität unserer vergrünten Einfaltspolitiker ist eine weitere hervorragende deutsche Erfindung ins ausländische Exil getrieben worden. (Der chinesische Premierminister Zhu Rongji hat den Transrapid für den Einsatz in Shanghai bestellt und ihn damit auch vor dem endgültigen Aus durch Bahnchef Mehdorn und die deutsche Politik gerettet!)

Die tiefere Bedeutung der Kernenergie

Die Schlüsselrolle der Kernenergie bei der Entwicklung der Weltwirtschaft hat nicht nur damit zu tun, daß Kernkraftwerke elektrischen Strom zuverlässig, kostengünstig und äußerst umweltschonend erzeugen können und daß es große Reserven an spaltbarem Rohmaterial (Uran und Thorium) gibt, die auf alle Kontinente verteilt sind. Es geht vielmehr auch um den engen Zusammenhang zwischen Entwicklung und Beherrschung der Kerntechnik einerseits und der allgemeinen Entwicklung der Produktivkräfte einer Nation oder Region andererseits.

Man darf Energietechniken nicht aus ihren industriellen und gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen lösen und als austauschbare Parameter betrachten, die miteinander auf einer Ebene zu vergleichen wären. Denn verschiedene Energietechnologien verkörpern unterschiedliche Qualitäten des Wissens und des Könnens der daran beteiligten Arbeitskräfte und unterschiedliche Entwicklungsgrade der industriellen Basis.

Die Atomenergie birgt wie keine andere Technik die Summe der gesamten wissenschaftlich-technologischen Entwicklung der Menschheit seit über 2.000 Jahren in sich. Die moderne Nutzbarmachung der Kernenergie berührt fast alle Bereiche der Naturwissenschaft und Technik, von der Kernphysik und -chemie bis zur Biologie und Medizin, vom Maschinenbau und der Werkstoffkunde bis zur Mikroelektronik. Die Radioaktivität und die Kernspaltung sind mit dem Wesen der Materie und dem periodischen System der Elemente untrennbar verbunden.

Eine Nation, die auf die Nutzung und Weiterentwicklung der Kernenergie verzichtet, verabschiedet sich damit von der naturwissenschaftlichen Zivilisation und wird dann in wohlverdienter Armut versinken.

Einige beklagen, die Kernenergie sei viel zu aufwendig, weil ihre Nutzung den Betrieb zahlreicher wissenschaftlicher Institute und Lehrstätten, eine riesige industrielle Infrastruktur mit zahllosen hochspezialisierten Betrieben, Zehntausende von hochbezahlten und hochqualifizierten Wissenschaftlern, Technikern und Facharbeitern usw. erfordert. Doch gerade dies ist der schlagendste Beweis für die unerreicht hohe Produktivität und gesamtwirtschaftliche Effizienz der Kernenergie: Daß man sich nämlich eine so „teure“ Ansammlung industrieller und wissenschaftstechnischer Spitzenkapazitäten leisten und dennoch unter dem Strich elektrischen Strom kostengünstig herstellen kann!

Der physikalische Grund hierfür liegt in der unerreicht hohen inhärenten Energiedichte der Kerntechnik, die einen Brennstoff nutzt, der mehr als 50.000mal konzentrierter ist als Kohl oder Erdöl. Was dadurch an Brennstoff- und Materialkosten gespart wird, kann in hochqualifizierte Arbeitskräfte und industrielle Kapazitäten investiert werden.

Nicht nur Strom

Dabei hat man die vielleicht wichtigste Anwendung der Kerntechnik – nämlich den Einsatz von Kernwärme zur Erzeugung synthetischer Brennstoffe und anderer chemischer Produkte sowie auch zur Meerwasserentsalzung – bisher gar nicht realisiert, obwohl die technischen Grundlagen dafür bereits existieren. Die Tatsache, daß die Bundesrepublik gerade auf dem Bereich der Kernwärmeanwendungen einzigartige Pionierleistungen erbracht hat, zeigt noch einmal das Unverantwortliche, ja Kriminelle der heutigen Ausstiegs- und Demontagepolitik.

Die Verdreifachung der Erdölpreise seit Dezember 1998, deren wahre Ursachen zwar mehr in den spekulativen Futures-Märkten als in objektiven materiellen Ursachen zu suchen sind, hat auf die gefährliche Einseitigkeit der deutschen und europäischen Energiepolitik hingewiesen. Solange es keine tragbaren Alternativen gab, war die gravierende Abhängigkeit der Weltwirtschaft von fossilen Brennstoffen noch zu entschuldigen. Doch die einfache Verbrennung fossiler Ressourcen stellt nicht nur eine ungeheure Verschwendung hochwertiger organischer Verbindungen und eine erhebliche Belastung der Umwelt dar; sie zeigt auch eine peinliche technologische Stagnation und Einfallslosigkeit der Industrieländer.

Die Nutzung der Kernenergie für die Stromerzeugung war ein erster Schritt vorwärts. Der zweite, von Prof. Schulten und anderen bereits in den 50er Jahren eingeleitet, ist der Einsatz von Kernreaktoren als Wärmequelle, wodurch sich ganz neue Perspektiven eröffneten. Dafür wurde in Jülich als einzigartige Lösung der Kugelbett-Hochtemperaturreaktor entwickelt und zur Reife gebracht. Es wurde u. a. nachgewiesen, daß man mit diesem Reaktor, der Prozeßwärme von ca. 900 Grad oder mehr liefert, in der Lage wäre, synthetische Brennstoffe wie Methanol in großen Mengen und mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand herzustellen. Damit entfiele die Verbrennung eines Teils der fossilen Rohstoffen bei der endothermen Synthese dieser Substanzen, und die entsprechende Menge Kernenergie wird sozusagen in flüssiger Form gespeichert.

Lange hat man diesen Lösungsansatz totgeschwiegen. Doch jetzt ist er wieder hochaktuell geworden dank der rasanten Entwicklung von kompakten, hocheffizienten Brennstoffzellen und insbesondere der Perspektive, elektrisch angetriebene Autos, Busse und Lastwagen auf der Basis von Brennstoffzellen zu betreiben. Dafür käme nicht nur reiner Wasserstoff (der am günstigsten mit Hilfe der HTR-Prozeßwärme hergestellt werden könnte), sondern voraussichtlich bei geeigneten Brennstoffzellen auch Methanol als Brennstoff in Frage, wobei Methanol gegenüber Wasserstoff hinsichtlich des Aufwandes für Speicherung, Sicherheit und der dazu notwendigen Infrastruktur große Vorteile aufweist.

Es gibt noch andere Varianten. Der wesentliche Punkt ist aber, daß der Übergang zur sogenannten Wasserstoffökonomie, zur Nutzung synthetischer Brennstoffe und zum Betrieb elektrisch angetriebener Fahrzeuge auf breiter Basis ohne Kernenergie ganz und gar unmöglich ist. Der Vorschlag, eine Wasserstoffökonomie auf Sonnenenergie zu basieren, ist angesichts der astronomischen Kosten vollkommen hirnrissig. Wer so etwas fordert, führt die Öffentlichkeit an der Nase herum.

Diese Perspektive bietet auch der deutschen Kohle – die von Rot-Grün buchstäblich begraben wird – eine einmalige Chance. Die sinnvolle Nutzung dieses Rohstoffes liegt darin, ihn zu Methanol und anderen hochwertigen chemischen Produkten zu verarbeiten, und zwar mit billiger Prozeßwärme aus Kugelbett-Reaktoren. Hier könnte eine neue Partnerschaft des Bergbaus mit der Industrie entstehen, die für das Ruhrgebiet große Bedeutung hätte.

Kernenergie für den Frieden – Beispiel Meerwasserentsalzung

Nicht weniger wichtig für die Welt wird der Einsatz von Kernenergie für die Meerwasserentsalzung sein. Die Technik der Meerwasserentsalzung ist weit entwickelt, benötigt aber erhebliche Mengen Energie. Will man diese Technik in großem Maßstab für die Bewässerung trockener Gebiete auf der Erde einsetzen, kommt man ohne die Kernenergie nicht aus.

Zur großindustriellen Meerwasserentsalzung gibt es für die wachsende Weltbevölkerung keine Alternative. Zu Recht spricht man davon, daß Wasserknappheit noch mehr als Energieknappheit eine potentielle Ursache von Kriegen und anderen Katastrophen werden könnte.

So spielte die Perspektive, mit Hilfe von Meerwasserentsalzung die große Wassernot im Nahen Osten zu überwinden, im Hintergrund der einmal sehr erfolgreichen Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern 1992–93 nicht zufällig eine entscheidende Rolle.

Damals hatte der israelische Ministerpräsident Peres vorgeschlagen, mit internationaler Hilfe in der Region eine große Entsalzungsanlage auf Grundlage der Kernenergie zu bauen. Die Anlage sollte in gemeinsamer Regie verwaltet werden und israelische und palästinensische Gebiete mit Strom und Trinkwasser versorgen. Technische Vorschläge für eine solche Anlage wurden u.a. im Auftrag Israels vom Kurtschatow-Institut in Moskau ausgearbeitet, auch von europäischer Seite gab es Überlegungen. Für diese Aufgabe wäre der HTR wegen seiner hohen inhärenten Sicherheit und der Tatsache, daß eine Zweckentfremdung praktisch unmöglich ist, ideal gewesen. Doch die damaligen Vorschläge scheiterten am Widerstand der Weltbank und anderen maßgeblichen Organisationen, die den fast totalen Mangel an Entwicklung, der bis heute vor allem in den palästinensischen Gebieten herrscht, zu verantworten haben. Bis heute gibt es keine größeren Entsalzungsanlagen in diesen Gebieten – von der Kernenergie ganz zu schweigen. Die Wasserfrage könnte ein ganz wesentlicher Grund für einen neuen Krieg sein.

Sollen die Menschen in Frieden leben, gibt es keine andere Alternative, als das Prinzip „Frieden durch Entwicklung“ umzusetzen. Genauso aber gilt den Grundsatz „keine Entwicklung ohne Kernenergie.“

Rückbesinnung auf die Industriegesellschaft

Die deutsche Energiepolitik muß sich an dieser globalen Perspektive orientieren. Die anbrechende neue Ära der Weltentwicklung erfordert, daß man sich wieder auf die traditionellen Schwerpunkte der deutschen Exportindustrie zurückbesinnt: hochwertige Investitionsgüter, einschließlich Energietechnik, Maschinen- und Anlagenbau; gleichzeitig müssen Vorstöße in die Luft- und Raumfahrt, neuartige biomedizinische Techniken und andere technologische Spitzenbereiche unternommen werden. Unter diesen Bedingungen wird die scheinbare „Abkopplung“ des nominellen Wirtschaftswachstums von der Steigerung des Energiekonsums aufhören, und es beginnt wieder eine energie- und kapitalintensive Entwicklungslinie.

Die ostdeutschen Bundesländer müssen reindustrialisiert werden. Eine durchgehende Modernisierung der Infrastruktur in Deutschland und Europa insgesamt ist als Teil der Gesamtperspektive der Eurasischen Landbrücke dringend notwendig. Dazu gehört der Bau eines neuen, transeuropäischen Schnellbahnnetzes auf Grundlage der revolutionären Magnetschwebetechnik des „Transrapid“. Die längst überfällige volkswirtschaftliche Modernisierung der Länder der ehemaligen Sowjetunion muß in Angriff genommen werden. Eine neue Energieinfrastruktur basierend auf einer Kombination von Kernwärme und synthetischen Brennstoffen muß geschaffen werden. Große Wasserprojekte stehen bevor, besonders der Einsatz der Meerwasserentsalzung in großem Maßstab. Unter solchen Bedingungen wird die weltweite Nachfrage nach Investitionsgütern um eine Größenordnung oder mehr steigen. Die Kerntechnik wird überall eine Schlüsselrolle spielen.

Gegen den Kannibalismus im Energiesektor

Die Bundesrepublik wird sich aber auf die Nutzung der Kerntechnik erst wieder besinnen können, wenn in Deutschland und Europa auch die aberwitzige Deregulierungspolitik beseitigt wird, die den gesamten Energiesektor in ein hoffnungsloses Chaos zu stürzen droht. Daß sich ein Konzern wie Eon inzwischen schon dazu hergibt, mit halbnackten Damen für „umweltfreundlichen Strom aus Wasserkraft“ zu werben, zeigt, wie weit der Wahnsinn schon gekommen ist.

Hier liefern die Erfahrungen aus den USA ein abschreckendes Beispiel. Vor allem wurde dort deutlich, wie die Deregulierungspolitik zu einer katastrophalen Verschiebung des Investitionsverhaltens führt: langfristige Investitionen werden dem kurzfristigen Gewinn geopfert, und das Versorgungsprinzip entartet zum Wirtschaftskannibalismus. Kein Wunder, daß die Kernenergie, die kapitalintensiv ist und langfristige Investitionen erfordert, zu den ersten Opfern der Deregulierungspolitik gehört.

Aus diesen und ähnlichen Erfahrungen – auch der desolate Zustand der privatisierten Eisenbahnen in England gehört hierher – müssen sofort die offensichtlichen Konsequenzen gezogen werden. Lebenswichtige Infrastrukturbereiche, einschließlich der Energieversorgung, können und dürfen nicht nach rein marktwirtschaftlichen Prinzipien organisiert und betrieben werden. Dies ergibt sich aus objektiven Tatsachen, und nicht zuletzt aus den Gesetzen der Physik und der physischen Ökonomie. Eine adäquate und zuverlässige Versorgung mit Infrastruktur – Energie, Transport, Wasser, Kommunikation, Gesundheit und Bildung – ist eine absolute Voraussetzung für alle wirtschaftlichen Aktivitäten und für das Wohlergehen der Bevölkerung.

Dabei läßt sich der volkswirtschaftliche Nutzeffekt grundlegender Infrastruktur nur auf der Ebene der Wirtschaft insgesamt bestimmen; in der Regel steht er in keinem einfachen Verhältnis zum unmittelbaren Gewinn (oder Verlust), den der Bau und/oder Betrieb von Infrastruktureinrichtungen dem privaten Anleger bringen könnte.

In diesen Bereich haben das Versorgungsprinzip und die damit verbundenen Pflichten, die Sicherheit und langfristigen ökonomischen und anderen Interessen des Landes prinzipiell Vorrang vor rein marktwirtschaftlichen Erwägungen. Ob es sich im konkreten Fall um private oder öffentliche Unternehmen handelt, die für einem bestimmten Bereich der Infrastruktur zuständig sind, letztlich liegt die Verantwortung für eine adäquate Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Energie, Wasser, Transport und anderen lebensnotwendigen Dienstleistungen beim Staat. Bis vor 20 Jahren gehörte dies zum Allgemeinwissen der führenden Industrienationen, einschließlich der USA.

Diese Erkenntnis hat nichts mit Verstaatlichung oder Kommandowirtschaft zu tun, sondern nur damit, daß zuverlässige und langfristig berechenbare Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, unter welchen ein nachhaltiges Aufblühen des industriellen Mittelstandes als Hauptträger der Wirtschaft stattfinden kann. Wilde Schwankungen der Energiepreise, wie sie in den USA aufgrund der Deregulierung nicht nur bei Benzin und Heizöl, sondern auch bei den Stromkosten an der Tagesordnung sind, sind Gift für eine moderne Industriegesellschaft.

Die Energiepolitik der rot-grünen Bundesregierung gehört also auf der Müllhaufen der Geschichte und sollte deswegen schnellstens entsorgt werden.

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