Kurznachrichten 02/2000

Verspäteter Morgenthauplan

Nach dem Abschluß der „Konsensgespräche“ zwischen rot-grüner Bundesregierung und den Kernkraftwerksbetreibern scheint der Ausstieg aus der Kernenergie nun beschlossene Sache zu sein. Als wir in FUSION in den 80er Jahren begannen, vor den Konsequenzen der „grünen“ Antikernkraftkampagne zu warnen, wurde von verantwortlicher Seite abgewiegelt: So weit werde es nie kommen… Und genau weil niemand dem grünen Zeitgeist ernsthaft entgegentrat, haben sich Chaoten und Technikfeinde nun durchgesetzt. SPD und Industrie lassen es zu, daß Deutschland auf die einzige derzeitige Energiequelle verzichtet, mit der sich nach dem Versiegen fossiler Brennstoffe eine moderne Industriegesellschaft fortführen ließe.

Vor allem der von den Kernkraftgegnern oft bemühten „Sicherheit“ wurde mit dieser Entscheidung ein Bärendienst erwiesen. Denn wer will heute noch etwas in eine auslaufende Technik investieren? Welcher einigermaßen helle Kopf möchte noch seine Findigkeit und Energie an Probleme verschwenden, deren Voraussetzungen die Gesellschaft längst abgeschrieben hat? Er wird im besten Fall in Länder auswandern, die sich den Erfordernissen der Zeit stellen wollen und deren Führung in der Lage ist, den gewissenhaften Umgang mit dieser energieintensiven Technik zu gewährleisten.

Henry Morgenthau hätte sich von den zu spät geborenen Deutschen keinen besseren Dienst erträumen können. Denn heute wird freiwillig das vollzogen, was er nur mit militärischer Gewalt durchsetzen zu können glaubte.

Protest gegen tendenziösen Tschernobyl-Bericht

Lars-Erik Holm, Vorsitzender des wissenschaftlichen Ausschusses der Vereinten Nationen über die Wirkung ionisierender Strahlen (UNSCEAR), hat sich am 6. Juni in einem Brief an UN-Generalsekretär Kofi Annan gegen völlig verzerrte Darstellungen über den Tschernobyl-Unfall verwahrt, die in einem Bericht des UN-Büros für die Koordination humanitärer Angelegenheiten (OCHA) enthalten sind. Dieser OCHA-Bericht mit dem Titel „Tschernobyl – die Katastrophe hält an“ sei voller „unbegründeter Behauptungen, die von keinerlei wissenschaftlichen Bewertungen abgesichert sind.“ Holm, der auch Generaldirektor des schwedischen Strahlenschutzinstituts ist, teilte Annan mit, daß es nur etwa 1.800 Schilddrüsenkrebsfälle bei Kindern gebe, nicht aber über 11.000, wie in dem OCHA-Bericht steht. Neben diesen Krebserkrankungen bei Kindern, so Holm, gebe es „keine Anhaltspunkte für schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen, die auf Strahlenschäden 14 Jahre nach dem Tschernobyl-Unfall zurückzuführen wären.“ Abschließend erinnert Holm Annan daran, daß „die Vereinten Nationen eine Verantwortung hätten, menschliches Leid zu begrenzen, und dafür sorgen müßten, daß betroffene Bevölkerungsgruppen nicht unnötig durch unbegründete Gerüchte verängstigt werden.“ Der OCHA-Bericht vergrößere aber die Ängste der Bevölkerung.

Schweizer Studie: Zukunft nur mit Kernenergie

Die Schweizerische Gesellschaft der Kernfachleute (SGK) veröffentlichte im Mai diesen Jahres eine von ihr in Auftrag gegebene Studie, die zu dem Schluß kommt, daß es illusorisch sei, Strom aus Kernenergie in Zukunft durch Einsparungen oder die sogenannten „erneuerbaren“ Energien zu ersetzen. Ohne die Kernenergie sei eine „Nachhaltigkeit“ für die Zukunft der Schweiz als Standort von Mittelstand und Industrie nicht gegeben. Die Studie wurde von vier wissenschaftlichen Experten der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Lausanne und Zürich sowie vom Paul-Scherrer-Institut verfaßt. Der ETH-Sicherheitstechniker Wolfgang Kröger betont vor allem die weltweite Unterversorgung an Energie. Wenn man sehe, daß ungefähr die Hälfte der Weltbevölkerung ihren Energiebedarf immer noch durch Verbrennung von Holz decke, so ergebe sich ganz von allein, daß nur die Kernenergie dieses Problem in globaler Hinsicht lösen könne, zumal die Weltbevölkerung weiterhin wachsen werde.

Vom Energieversorgungsinteresse der Schweiz her, so betonen die Wissenschaftler, sei es in Zukunft bei weitem sicherer, Kernkraftwerke neuer Qualität – man denke an den inhärent sicheren Hochtemperaturreaktor – als Strom von allenfalls zweifelhafter Herkunft zu importieren.

Pazifikraum hat mehr Kernkraft als Europa

Auch ohne den ideologisch begründeten Ausstiegsbeschluß in Deutschland hat der gesamte Pazifikraum jetzt mit 32,2 % einen höheren Anteil nuklearer Stromerzeugung als die europäischen OECD-Länder (30,1 %). Das geht aus einem Anfang Juni veröffentlichten Bericht der Kernenergiebehörde der OECD hervor. Die Zahl drückt vor allem den Ausbau der Kernenergie in Japan und Korea aus. Weiter wird in dem Bericht festgestellt, daß weltweit derzeit 10 neue Kernreaktoren im Bau sind, und zwar in Südkorea, Japan und Tschechien. Zwei weitere Reaktoren seien fest geplant.

Die meisten Internetfirmen in 15 Monaten pleite?

Nach einer Untersuchung der Analysefirma Pricewaterhouse Coopers (PwC) könnte die große Mehrzahl der jetzigen Internetfirmen in den kommenden 15 Monaten bankrott gehen. Schon bis Jahresende werden die ersten „dot.coms“ aufgrund ihrer hohen Marketing- und Expansionskosten aufgeben müssen. Die PwC-Studie nennt 28 Internetfirmen und kommt zu dem Schluß, daß 25 von ihnen, die ständige Verluste machen, bis spätestens August 2001 das Geld ausgehen werde. Wie die Financial Times in einem Bericht über die PwC-Studie feststellte, hätten ähnliche Nachforschungen in den USA im April einen Massenverkauf besonders von konsumorientierten Internetaktien ausgelöst.

Möglicherweise dritter Übertragungsweg bei BSE

Angesichts der Zunahme der in Frankreich registrierten Fälle von Rinderwahnsinn wird ein weiterer, bislang unbekannter Übertragungsweg für möglich gehalten. Der französische Landwirtschaftsminister Glavany vertrat die Ansicht, daß neben der Tiermehlverfütterung und der Übertragung von der Kuh auf das Kalb noch ein „rätselhafter dritter Weg“ zur Verbreitung der Rinderseuche beitragen könnte. Sein Ministerium werde die Verfütterung von Tiermehl künftig nur noch als „wahrscheinlichste“ Erklärung für die jüngste Zunahme der registrierten BSE-Fälle ausweisen. „Zur Zeit wissen die Experten nicht, ob es einen dritten Weg gibt, es handelt sich um eine Hypothese“, erklärte Glavany.

Glavany hatte sich noch im vergangenen Jahr die Hoffnung einiger Wissenschaftler zu eigen gemacht, die Epidemie werde wegen des 1991 für Rinder in Kraft getretenen und 1996 teilweise auf andere Haustiere ausgedehnten Verbots der Verfütterung von Tiermehl mit der Schlachtung der zuvor geborenen Rinder abklingen. Allein in diesem Jahr wurden in Frankreich aber 14 neue BSE-Fälle bekannt. Angesichts dieser Entwicklung gebe es eine „wissenschaftliche Ungewißheit“, die von den Politikern bei ihren künftigen Entscheidungen berücksichtigt werden müsse, sagte Glavany. In Großbritannien wurden offiziell schon fast 180.000 BSE-Fälle registriert.

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