Kohlendioxid, Windenergienutzung und Klima

Mit 4 Millionen Windturbinen könnte man der Atmosphäre theoretisch nur 1 Promille ihres CO2-Gehalts jährlich ersparen – ein kümmerlicher Versuch, in das Klimageschehen einzugreifen. Selbst eine Reduktion der gesamten globalen CO2-Emissionen mittels Windkraftnutzung um 3% hätte nicht die geringste klimatische Wirkung.


Prähistorische Klimaschwankungen kennen wir als Kaltzeiten – mit großflächigen, bis zu 3000 m dicken Vereisungen, deren Reste in Grönland und in der Antarktis erhalten sind, mit Dauerfrostböden und Absenkungen der Meeresspiegel um bis zu 200 m – und als Warmzeiten (Interglaziale), in denen die Temperaturen der Erdoberfläche bis einige Grad über denen der Gegenwart lagen; dazwischen gab es kleinere Erwärmungen (Interstadiale).

Die heute überwiegend akzeptierten Modelle des prähistorischen Klimas knüpfen an die Theorien des jugoslawischen Astronomen Milankovic an. Entscheidend für das Klima sind danach Parameter wie der Neigungswinkel zwischen Erdachse und der Bahnebene etc. sowie die damit zusammenhängende Energiemenge, die vom Sonnenlicht in den hohen nördlichen Breiten während des Sommers eingestrahlt wird (Ingersoll, Schmidt und Walter, Overpeck et al., Webb et al., Charles). Nach jeder Warmzeit (und nach jedem Interstadial) folgte ein in unseren Breiten lebensfeindliches Abkühlen der Erdoberfläche. Die Alpengletscher kamen der nordischen Eisdecke bis auf 270 km nahe, und zwischen den Eismassen entwickelten sich Kältesteppe und Tundra.

Es wird u.a. aus Untersuchungen „fossiler Luft“, eingeschlossen in Bohrkernen aus Grönland- und Antarktiseis, heute angenommen, daß schon in der erdgeschichtlichen Vergangenheit der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre geschwankt hat (Barnola et al., Abbildung 1). Die Schwankungen liefen den Temperaturänderungen in etwa parallel: In den Kaltzeiten (Eiszeiten) waren 30 % weniger CO2 in der Atmosphäre als in den Warmzeiten (Oeschger, nach Broecker).

Abbildung 1. Temperatur und Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre Gemessen in Bohrkernen von Antarktiseis (Temperatur aus Deuteriumgehalt), Wostok-Station, Barnola et al. (Abbildung von B. Küppers, schematisch).

Frühzeitig klammerten sich die Vertreter der Treibhaustheorie an die Annahme, daß der irgendwie primär schwankende Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre die Temperatur (d.h. das Klima) beeinflußte. Und das ohne jeden Beweis. Sogar als man fand, daß die Temperaturänderung der Änderung des Kohlendioxidgehalts vorauslief, hielt man an dieser Annahme fest. Es gab sogar „Klimamacher“, vergleichbar in etwa den Regenmachern vergangener Jahrhunderte.

Die Infrarotabsorption der Atmosphäre wird durch zahlreiche Komponenten verursacht: Wasser z. B. ist, davon kann man ausgehen, ein etwa fünfmal stärkerer Infrarotabsorber als Kohlendioxid. Im Konzert der übrigen Infrarotabsorber wird Kohlendioxid noch mehr übertönt. Eine Erhöhung des Kohlendioxidgehalts um 30 % ist als Ursache für die deutlichen Temperaturerhöhungen in den Warmzeiten auszuschließen. Die Erhöhung des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre von Beginn der Industrialisierung um 1850 bis heute um etwa 30 % ging mit einer Temperaturerhöhung von 0,3–0,6 °C einher (s. u.).

Das offensichtliche Fehlen eines klaren kausalen Einflusses spricht gegen die Möglichkeit der Klimagestaltung durch Änderung des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre mittels menschlicher Maßnahmen.

Abbildung 2. Energiehaushalt der Erde

Grob vereinfacht kann man den Energiehaushalt der Erde wie in Abbildung 2 darstellen. Etwas mehr als die Hälfte der Sonnenstrahlen durchdringen die Atmosphäre und erreichen die Erde. Der Rest wird in der Atmosphäre absorbiert und von der Atmosphäre in den Weltraum reflektiert, besonders durch Wasser und Wolken. Von der Erde abgestrahlt wird Wärme. Je mehr Infrarotabsorber in der Atmosphäre sind, zum Beispiel Kohlendioxid, Wasser, Wolken, Staub, Aerosole, desto weniger Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung) verläßt die Atmosphäre und die Erde und geht in den Weltraum verloren, das heißt es bleibt wärmer auf der Erde – wie unter dem Glasdach eines Treibhauses. Zwischen Erde und Atmosphäre sowie zwischen Erde und Weltraum stellen sich energetische Gleichgewichte ein: Geringere Einstrahlung von Sonnenenergie führt zu niedrigerer Oberflächentemperatur der Erde. Aus der Vielzahl von wirksamen atmosphärischen Infrarotabsorbern kann man ersehen, daß CO2 nur einer der Faktoren für den Wärmehaushalt und das Klima der Erde ist.

Die Schwankungen des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre

Kohlendioxid ist der wichtigste Ausgangsstoff für alles Leben auf der Erde. In Abbildung 3 sind einige Grundgesetze der Photosynthese schematisch dargestellt.

Abbildung 3. Abhängigkeit der Photosynthese von CO2-Konzentration, Beleuchtungsstärke und Temperatur bei konstanter Temperatur (a) und konstanter CO2-Konzentration (b).

Eine Temperaturabhängigkeit der Photosynthese existiert nur dann, wenn enzymatische Prozesse geschwindigkeitsbestimmend sind. Sind die photochemischen Reaktionen begrenzend (z. B. bei Schwachlicht), ist der Temperatureinfluß gering. In diesen Fällen steigt die Atmung mit zunehmender Temperatur schneller als die Photosynthese. Temperaturänderungen mit dem Wechsel von Kalt- zu Warmzeit und umgekehrt sind eine globale Erscheinung. Die mittleren Jahrestemperaturen lagen in der letzten Kaltzeit in Mitteleuropa um 8–12 °C, in eisferneren und tropischen Gebieten um 4–6 °C unter denen der Gegenwart. Für viele Pflanzen stark suboptimale Einstrahlungsbedingungen herrschen sogar in unseren Breiten, insbesondere bei bedecktem Himmel. Nach Strasburger erreicht die mittägliche Intensität der vollen Sonneneinstrahlung in unseren Breiten im Sommer etwa 60 bis 80 Kilolux. Selbst das ist für bestimmte Pflanzen kein Sättigungswert. Bei bedecktem Himmel werden etwa 10 Kilolux erreicht. Am Polarkreis wird als Lichtintensität der Mitternachtssonne etwa 1 Kilolux gemessen.

Der sogenannte Q10-Wert (Van’t Hoff), der ein Maß für die Temperaturabhängigkeit bei einer Temperaturerhöhung um 10 °C angibt, ist für den photochemischen Reaktionskomplex der Photosynthese etwa 1,0. Das bedeutet, daß eine Temperaturerhöhung um 10 °C ohne Wirkung ist. Die enzymatischen Reaktionen der Photosynthese und der Atmung haben einen Q10-Wert von mindestens 2,0, was einer Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit um mindestens das Doppelte bei einer Erhöhung der Temperatur um 10 °C entspricht.

Diese Gesetze lassen sich auf die gesamte Biosphäre übertragen:

Während der Kaltzeiten (niedrige globale Temperatur, wenig Wasserdampf in der Atmosphäre, hohe Lichtintensität: „Kältehoch“) ist das Verhältnis Photosynthese/Atmung relativ hoch, der CO2-Gehalt der Atmosphäre also relativ niedrig. Die globale Menge an „Biomasse“ wird erhöht.

Die Temperaturerhöhung mit Beginn der Interglaziale (mehr Wasserdampf in der Atmosphäre, „ozeanisches“ Klima) führt zu niedrigem Verhältnis Photosynthese/Atmung (Abbau von Biomasse zu CO2).

Mit Beginn der folgenden Kaltzeit wird neuer angepaßter Pflanzenbestand gebildet (vergl. Abbildung 4).

Abbildung 4. Unterschiede der Verhältnisse Photosynthese/Atmung von a) „Sonnenpflanzen“, „Sonnenblättern“ und b) „Schattenpflanzen“, „Schattenblättern“ als Anpassungsbeispiele.

Pflanzen haben bei Photosynthese und Atmung eine beträchtliche Anpassungsfähigkeit an die Lichtintensität und die Temperatur.

Die Lichtadaptation zum Beispiel prägt sich im inneren und äußeren Bau sowie in der enzymatischen Ausstattung der Blätter in markanter Weise aus: Das kohlendioxidbindende Enzym (Ribulosebiphosphatcarboxylase) wird bei höherem Lichtangebot stark vermehrt, die gesamte Reaktionsnorm des Photosyntheseapparats vom Kompensationspunkt bis zur Lichtsättigung wird erheblich verändert. Selbst an ein und demselben Baum weisen die lichtzugewandten Blätter gegenüber den Schattenblättern deutlich mehr assimilierendes Gewebe und kohlendioxidbindende Kapazität auf.

Auch werden ausgeprägte „Lichtarten“ durch „Schattenarten“ verdrängt und umgekehrt. Die Zusammensetzung der Vegetation aus Licht und Schattenpflanzen spiegelt die Einstrahlungsverhältnisse sehr genau wider.

Diese Reaktionen der Photosynthese/Atmungs-Relationen der Biosphäre und im besonderen die Anpassungen der grünen Pflanzen an die Einstrahlungs- und Temperaturänderungen sind die Ursache für die globalen Unterschiede der Kohlendioxidkonzentration der Atmosphäre in den Warm- und Kaltzeiten.

Beeinflussung der atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration durch Windkraftnutzung?

Unsere Lehrbücher der Naturwissenschaften geben Auskunft, daß die Mengen des in der Atmosphäre gasförmig und des im oberflächlichen Bereich der Hydrosphäre gelöst vorliegenden Kohlendioxids in der Größenordnung von je 2,5 · 1012 Tonnen liegen (Larcher; Revelle; Schmidt und Walter).

Bis zum Jahr 2050 rechnet man bekanntlich mit einer Verdoppelung des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre.

„Nicht weniger“ als 6–7 % des Gesamt-CO2 dieses „Ozean-Atmosphäre-Verbundsystems“ werden jährlich durch Photosynthese in Pflanzenmasse umgewandelt, grob geschätzt also 1011 Tonnen. Die ungefähr (!) gleiche Menge CO2 wird durch biotischen Abbau von (totem) Pflanzenmaterial, Atmung etc. regeneriert.

Die Biosphäre enthält ungefähr 2 · 1012 Tonnen Kohlenstoff. Sehr wichtig ist also der Kohlenstoffkreislauf über die Landpflanzen und die Meerespflanzen des Oberflächenwassers. Eine irgendwie verursachte relative Steigerung des Abbaus hat zumindest vorübergehend eine Zunahme der CO2-Konzentration in der Atmosphäre zur Folge. Dies wird in Messungen von 1983 bis 1990 in erheblichem Ausmaß in nördlichen Breiten Alaskas bedingt durch die Erwärmung in diesen Jahren (Keeling et al.) und erhöhte Oxidation im Bodenbereich beobachtet (Oechel et al., Chapin et al.).

An diesen Größen und Fakten müssen wir die Wirkung der Windturbinen messen. 109 (1 Milliarde) Tonnen beträgt der jährliche deutsche Eintrag (BMBF). 40 bis 50 Prozent des anthropogenen Kohlendioxids bleiben in der Atmosphäre (Revelle), je etwa 30 Prozent gingen zwischen 1991 und 1994 (nach Keeling, R. F. et al.) in die Ozeane und die Biomasse.

Die Kohlendioxidmenge von <»1012 Tonnen, welche mit dem organischen Kohlenstoff und dem CO2 der Hydrosphäre (und der Lithosphäre, vulkanischen Freisetzungen etc.) in Wechselwirkung steht, von Temperaturschwankungen abhängt und in der Gegenwart durch Verbrennung fossilen Kohlenstoffs um primär ungefähr 1 % jährlich erhöht wird, reduzieren wir (nach den Zahlen des BMBF) mit unseren 4.000 Windturbinen jährlich um 106 Tonnen, d.h. höchstens um ein Millionstel.

Mit 4 Millionen dieser Windturbinen könnte man der Atmosphäre theoretisch, d. h. die Zahlen des BMBF zugrundegelegt, 1 Promille ihres CO2-Gehalts (oder weniger und relativ immer weniger) jährlich ersparen, und praktisch einen kümmerlichen Versuch unternehmen, in das soeben dargestellte Geschehen einzugreifen.

Im fortgeschrittenen Stadium der letzten Zwischeneiszeit, vor 120.000 Jahren, war der Meeresspiegel, wie wir aus Ablagerungen fossiler Korallen wissen, noch um sechs Meter höher als heute. Eine weltweite Beeinträchtigung der Küsten wäre damit verbunden, würde sich dies wiederholen.

Zur Verhinderung dieser „Klimakatastrophe“ leistet der Einsatz von Windenergieanlagen nicht den geringsten Beitrag. Es sind keinerlei naturwissenschaftliche Begründungen erkennbar, daß man mit dem Unterfangen der Windkraftnutzung den befürchteten, für die Menschheit nachteiligen klimatischen Abläufen vorbeugen könnte.

Selbst wenn die Klimabedeutsamkeit des Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre bewiesen wäre, könnte man nicht hoffen, daß die Menschheit mit dem Einsatz von Windkraftanlagen den geringsten additiven Klimaschutz erreichen könnte.

Beeinflussung der atmosphärischen Kohlendioxidkonzentration durch die Biosphäre?

Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre von etwa 0,036 Vol% ist also ein begrenzender Faktor für die Photosynthese. Die Gleichgewichtskonzentration (Michaelis-Konstante) des primär CO2 bindenden Enzyms der Pflanzen entspricht einem Partialdruck von 1–2 Vol% CO2. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre beträgt aber nur 0,036 Vol%; auf dem Weg ins Blattinnere verringert sie sich noch mehr. Manche Pflanzen haben deshalb einen energiebedürftigen Kohlendioxid-Konzentrierungsmechanismus entwickelt.

Im Silur, im Devon und auch noch im frühesten Karbon, den erdgeschichtlichen Epochen der stammesgeschichtlichen Entwicklung zu größeren Landpflanzen – noch im Devon erreichten Pflanzen die Baumgröße – war die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ungefähr zehnmal höher als heute (3.000 bis 5.000 ppmv = 0,5 Vol%). Üppigstes Pflanzenwachstum hat danach (im späten Devon und im Karbon) die CO2-Konzentration bis zum Beginn des Perm auf etwa 300 ppmv (0,03 Vol%) reduziert (Berner, Mora).

Nach dem Perm stieg die Kohlendioxid-Konzentration erneut auf das Vierfache des heutigen Wertes, also auf ungefähr 1.200 ppmv (mit gedeihlichem Pflanzen- und Tierleben), um sich dann bis zur Eiszeit des Quartär auf ungefähr 200 ppmv einzupendeln.

Von diesem Grundniveau der quartären Eiszeit stieg die Kohlendioxid-Konzentration während der letzten Zwischeneiszeit auf 300 ppmv (Abbildung1) und mißt in der Gegenwart um die Mitte des vorigen Jahrhunderts (am Ende der „Kleinen Eiszeit“) 285 und heute (mit dem anthropogenen Kohlendioxid) 360 ppmv. Sie ist örtlich verschieden und schwankend. Im Botanischen Garten der Technischen Universität Darmstadt sind 1996/97 bereits 400 ppmv gemessen worden. Doch sind diese Konzentrationen biologisch unbedenklich. Erst Konzentrationen über 1.000 ppmv können manche heute lebende Pflanzen schädigen (Strasburger).

Pflanzen „assimilieren“ jährlich ungefähr 10 % des atmosphärischen Kohlendioxids und bilden daraus „metastabile“ organische Substanz, primär Pflanzensubstanz. Die biotische „Dissimilation“ liefert annähernd gleiche Kohlendioxidmengen zurück.

Dieses Fließgleichgewicht wird durch die weltweiten Einstrahlungs- und Temperaturänderungen verschoben. Daraus und natürlich auch aus der im Laufe der Jahrmillionen erfolgten Kohlendioxidauszehrung der Atmosphäre darf man nicht zu der Annahme gelangen, daß in erdgeschichtlich kurzen Zeiträumen durch den Pflanzenbestand der Erde das Problem des anthropogenen Kohlendioxideintrags in die Atmosphäre wesentlich abgemildert werden könnte.

Es geht um die Infrarotabsorption der Atmosphäre: Pflanzen können über ihre geöffneten Stomata der Atmosphäre den Infrarotabsorber Kohlendioxid entnehmen, führen ihr aber über die geöffneten Stomata gleichzeitig den Infrarotabsorber Wasser zu. Die bei der Transpiration entzogene Verdunstungswärme und die direkte Wirkung des Pflanzenkleides auf die Rückstrahlungsverhältnisse der Erdoberfläche haben ebenfalls, z. T. konkurrierende, Einflüsse auf die Temperatur.

Es gibt verläßliche experimentelle Befunde, daß die Steigerung der Photosynthese natürlicher Ökosysteme durch experimentell erhöhte Kohlendioxid-Konzentration nicht lange genug anhält, um einen nachhaltigen Effekt gegen die anthropogene Kohlendioxidanreicherung der Atmosphäre zu haben (Kimball; Norby; Arnone u. Körner).

Zur weltweiten und vorübergehenden Bindung von 109 t Kohlenstoff jährlich wäre eine Aufforstung von 3,7 Millionen Quadratkilometer Landfläche erforderlich (Melillo et al.). Nach Vitousek könnte der weltweite CO2-Anstieg in der Atmosphäre trotz umfangreichster globaler Aufforstungsmaßnahmen nur 5–6 Jahre lang beeinflußt werden.

Gibt es bereits einen anthropogenen Treibhauseffekt?

All diese Prozesse spielen sich primär und überwiegend in den erdnahen Schichten der Atmosphäre ab. Das Fehlen signifikanter Temperaturänderungen in Messungen mit Satelliten während der letzten Jahrzehnte muß somit vorsichtig beurteilt werden. (Erhöhung der Infrarotabsorption in erdnahen Schichten könnte sogar zu Abkühlung in erdferneren Schichten führen).

Die an der Erdoberfläche gemessenen Temperaturerhöhungen werden für die letzten 100–150 Jahre allgemein mit 0,3–0,6 °C angegeben. An den Polen äußern sich die Temperaturerhöhungen deutlicher. Es ist allerdings unbekannt, wie groß der Anteil einer natürlichen Temperaturerhöhung seit Ende der „Kleinen Eiszeit“ ist.

Im Mittelalter und in prähistorischer Zeit gab es erhebliche Temperaturschwankungen, zum Teil mit „sprunghaftem“ Beginn und Ende innerhalb von wenigen Jahren bis Jahrzehnten (Blümel). Die warmen mittelalterlichen Phasen z. B. mit Weizenanbau in Nordnorwegen, Weinbau in Schottland und der Grönland-Besiedlung durch Wikinger sind wohlbekannt. Im Mindel-Riß-Interglazial konnte der paläolithische Mensch bis in Höhen von 2.400 m siedeln. Im junpleistozänen Saale-Weichsel-Interglazial (Eem-Warmzeit) waren die Sommer wärmer als heute, das Klima insgesamt ozeanischer (Schmidt und Walter).

Ein über natürliche Erwärmung hinausgehender anthropogener Anteil der Temperaturerhöhung seit dem Ende der „Kleinen Eiszeit“ um 1850 d. h. seit Beginn der Industrialisierung, muß also mit Sicherheit als unbekannt oder unbewiesen bezeichnet werden.

In die Zeit des postglazialen „Klimaoptimums“ etwa 4.000 Jahre v. u. Z. mit 1–2 °C höheren Temperaturen als heute fiel in unseren Breiten der Beginn des Ackerbaus, die Seßhaftigkeit, die Wiege unseres kulturellen Daseins. Die „Kleine Eiszeit“ hingegen war geprägt durch vorstoßende Gletscher und Hochwasserkatastrophen im alpinen Bereich, Mißernten, Hungersnöten, Seuchen und Auswanderungswellen im westlichen und nördlichen Europa.

Wir haben also keinerlei gesicherte Vorstellung, ob sich das Klima und seine Auswirkungen auf die Bewohner unserer Breiten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten so negativ darstellen werden, wie dies vielfach behauptet wird. Auf stärkere klimatische Veränderungen in den polnahen Gebieten wird von einigen Autoren hingewiesen.

Das Abschmelzen der polaren Eismassen hätte umstrittene Folgen. Je deutlicher sich aber negative Klimaveränderungen abzeichnen könnten, desto gewissenhafter muß der Mensch den Schutz „seiner“ Atmosphäre besorgen.

Industrielle Windstromerzeugung in der Zukunft?

Natürlich, der CO2-Gehalt des Atmosphäre-Hydrosphäre-Systems und die theoretische Wirkung der Windkraftanlagen nehmen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit zu. Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie schreibt uns am 22.12.1997:

„Die bis Ende dieses Jahres in Deutschland in Betrieb befindlichen rd. 5.000 Windkraftanlagen mit zusammen rd. 2.000 MW installierter Leistung können im Mittel nur etwa 4 Mrd. kWh/Jahr Strom erzeugen und daher maximal nur etwa 3,3 Mio. t CO2 einsparen, was bei dem gegenwärtigen jährlichen CO2-Ausstoß in Deutschland von etwa 860 Mio. t nur etwa 4 Promille sind.

Wenn jedoch in den besonders windreichen Gebieten Europas moderne Windkraftanlagen mit zusammen rd. 36.000 MW elektrischer Leistung installiert und betrieben würden, könnten gemäß dem Vorschlag der Europäischen Union die gesamten CO2-Emissionen der EU bis zum Jahre 2010 um etwa 3 % reduziert werden. Dies wäre schon ein spürbarer Beitrag.“

Dies ist, wie oben ausgeführt wurde leider nicht so. Selbst eine Reduktion der gesamten globalen CO2-Emissionen mittels Windkraftnutzung um 3% (und wesentlich mehr!) hätte nicht die geringste klimatische Wirkung.

Die 30prozentige Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit Beginn der Industrialisierung um 1850 ging mit einer Temperaturerhöhung von 0,3–0,6 °C einher.

Die Physik lehrt, daß die Atmosphäre bei einem CO2-Gehalt von 360 ppmv etwa 18 % der von der Erde abgegebenen Wärmestrahlung primär absorbiert. Die Verdoppelung der CO2-Konzentration würde die primäre Wärmeabsorption auf etwa 18,5 % erhöhen. Dies muß man berücksichtigen, um zu verstehen, warum in den CO2-reichen Erdepochen Leben nicht nur erhalten blieb, sondern üppig gedieh, und warum in der Gegenwart eine „spürbare“ additive Beeinflussung des Klimas durch die festgestellten Änderungen des CO2-Gehalts der Atmosphäre nicht erwartet werden darf.

1999 gibt es in Deutschland ungefähr 6.000 Windstromanlagen mit einer Durchschnittsleistung von je circa 0,5 MW. Die „Windkraftlobby“ denkt darüber nach, 20.000–30.000 Großwindkraftanlagen (durchschnittlich je 1,5 MW) auf deutschem Boden in der nahen Zukunft zu errichten. Man verschweigt in auffälliger Weise Lesern und Fondszeichnern, daß selbst mit dieser horrenden Beanspruchung unseres Lebensraums theoretisch höchstens etwa 1 Prozent des herkömmlichen deutschen Energieverbrauchs substituiert werden kann.

Weltweit bräuchte die Menschheit (je nach dem Zeitpunkt im 21. Jahrhundert) um die 1.000.000 dieser flächenfressenden Windkraftriesen, um nur 1 % des globalen Energieverbrauchs (der z. Z. 25mal höher als der deutsche ist) durch Windenergie ersetzen zu können. Damit und mit wesentlich mehr als diesem 1 Prozent könnte man, wie wir dargestellt haben, noch längst nicht die geringste meßbare klimabedeutsame Wirkung erzielen.

Der Weltenergierat weist 1998 in Global Energy Perspectives darauf hin, daß der weltweite Primärenergieverbrauch „in den nächsten 20 Jahren um 50 % steigen wird“, bis 2050 um mehr als 100 %

Die Praxis der Windstromerzeugung sieht wegen der unsicheren Natur der Windenergie noch viel ungünstiger aus. Zu einem Demonstrationsobjekt für die Aussichtslosigkeit der industriellen Windstromerzeugung/-einspeisung ist das „Müllberg-Windrad“ in München-Fröttmaning geworden. Der „grüne“ 3. Bürgermeister Hep Monatzeder, als langjähriger Agitator der Windstromerzeugung bekannt geworden, gibt in einem an mich gerichteten Schreiben vom 16. Juli 1999 wörtlich folgendes zu:

„Es ist richtig, daß die Versorgungsunternehmen stets eine ausreichende Kapazität zur Erzeugung von Strom bei höchstmöglicher Nachfrage zur Sicherung der Versorgung der Abnehmer bereitzustellen haben, unabhängig davon ob in diesem Moment Windstrom erzeugt werden kann oder nicht. (LG Kiel Az 15 C 134/98; Handelsblatt 206).

Mit der Windkraftanlage Fröttmaning können rein rechnerisch 1.000 Haushalte versorgt werden. Da der Windstrom nicht gleichmäßig anfällt, ergeben sich natürlich bei der tatsächlichen momentanen Versorgungssituation ständig wechselnde Anteile“.

Er hofft – sogar „rein rechnerisch“ – nur noch auf einen winzigen „Zugewinn an gesicherter Leistung durch die Windkraftanlagen“ (nach Th. Hartkopf TU Darmstadt ca. 1,5 Promille der Höchstleistung 1996 für Hessen/VDEW). Das „Müllbergwindrad“ ist ein „Wahrzeichen“, ein „Symbol“ – nach unserer Meinung für Steuermittelveruntreuung zum Nachteil einer sinnvollen Energiepolitik.

Fazit

Die absolute ökologische und ökonomische Aussichtslosigkeit der industriellen Windstromerzeugung/-einspeisung ist erwiesen. Allein die Zerstörung von Lebensraum, Landschaft und Natur können als gravierende Auswirkungen der Windkraftnutzung erwartet werden.

Einen Windpark bestehend aus 100 Großwindkraftanlagen zu je 5 MW will man zwischen Helgoland und St. Peter-Ording „offshore“ errichten. Man bräuchte in Deutschland nur 100 solcher Windparks, und schon wäre der Anteil des Windstroms bei 10 % des Gesamtstromverbrauchs – theoretisch oder „rein rechnerisch.

Windstille und Beinahe-Windstille mit 0 bis 2,5 m/s Windgeschwindigkeit herrschen an den deutschen Küsten mit einer Häufigkeit bis zu 10 %, im Binnenland 20%. Die Windgeschwindigkeit von 7 m/s tritt mit ähnlichen Häufigkeiten auf. Höhere Windgeschwindigkeiten werden dann immer seltener.

Vielleicht muß man auch nur die bestehenden herkömmlichen Kraftwerke mit 100% Vollast einsatzbereit halten, um bei plötzlicher Windstille „stets eine ausreichende Kapazität zur Erzeugung von Strom bei höchstmöglicher Nachfrage… sicherzustellen“.


Literatur

Arnone, J. A. u. Körner, Ch.: Oecologia 104, 61 (1995).
Barnola, J. M. et al.: Nature 329, 408 (1987).
Berner, R. A.: Science 261, 68 (1993).
Blümel, W. D.: Forschung – Mitteilung der DFG 1 (1996).
BMBF: Windenergie in Deutschland (1996).
Broecker, N. S.: Der Ozean, Spektrum der Wissenschaft (1988).
Chapin, F. S. et al.: Nature 383, 586 (1996).
Charles, Ch.: Nature 385, 681 (1997).
Ingersoll, A. D.: Die Atmosphäre, Spektrum der Wissenschaft (1988).
Jarvis, P. G.: Phil. Trans. R. Soc. Lond. (1989).
Keeling, D. C. et al.: Nature 382; 146 (1996).
Keeling, R. F. et al.: Nature 381, 218 (1996)
Kimball, B. A. et al.: Global Change Biology 1, 429 (1995).
Larcher, W.: Ökophysiologie der Pflanzen, Ulmer (1994).
Melillo, J. M. et al.: Climate. Cambridge University Press (1990).
Mora, C. I.: Science 271, 1105 (1996).
Norby, R. J. et al.: Nature 357, 322 (1992).
Oechel, W. C.: Nature 361, 520 (1993).
Overpeck, J. et al.: Nature 384, 477 (1996).
Revelle, R.: Weltklima, Spektrum der Wissenschaft (1988).
Schmidt, K. u. Walter, R.: Erdgeschichte, de Gruyter (1990).
Strasburger, E.: Lehrbuch der Botanik, Gustav Fischer (1991).
Vitousek, P. M.: J. Environ. Qual. 20, 348 (1991).
Webb, R. S. et al.: Nature 385, 695 (1997).


Prof. Dr. Josef Weigl ist Leiter des Instituts für Botanik (Fachbereich Biologie) der Technischen Universität Darmstadt.

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