Der „Schnelle Neutronenbrüter“ – ein wirklich kostensenkendes Kernkraftwerk

Dies ist die gekürzte Version eines Berichts über nukleare Brutreaktoren, in denen Isotope eines Kernbrennstoffs verwendet werden, die in konventionellen Kernreaktoren nicht genutzt werden können, wodurch sich der nukleare Abfall stark reduzieren ließe. Der vollständige Artikel (auf englisch) mit allen Quellenangaben und Fußnoten kann beim Autor unter richard.w.burden@gmail.com angefordert werden.


Eine Salzschmelze, wie sie hier aus einem Ofen kommt, ist ein gutes Medium zur Wärmeübertragung, und der darin aufgelöste Kernbrennstoff macht bisherige Brennstäbe überflüssig. Hier, ein Experiment im Los Alamos National Laboratory. Quelle: Los Alamos National Laboratory

Angesichts der enorm niedrigen Kosten für nukleare Brennstoffe((Spaltbares Material ist billig, weil winzige Mengen riesige Mengen an Energie erzeugen, es reichlich vorhanden und nicht allzu schwer zu gewinnen ist. Reines spaltbares Material setzt bei vollständiger Spaltung etwa 80 Millionen Megajoule pro Kilogramm frei. Radioaktiver Zerfall und einige exotherme Neutroneneinfänge können während der Lebensdauer des Brennstoffs im Reaktor noch einmal bis zu 11 % freisetzen, um 10 % der Gesamtleistung des Reaktors zu erzeugen, was insgesamt 89 Mio. MJ/kg ergibt. Siehe Berechnungen der Energiedichte von Kernbrennstoff auf whatisnuclear.com. Der natürlich vorkommende und reichlich vorhandene chemische Brennstoff mit der höchsten Energiedichte pro Masseneinheit ist Methan mit nur 55,6 MJ/kg.)) und der ausgereiften Kernspaltungstechnologie sollte man meinen, daß die Kernenergie weitaus billiger wäre als jede andere Form der Energieerzeugung. Aber die Reaktormodelle, die gegenwärtig gebaut und betrieben werden dürfen, lassen dies nicht zu. Die Beschränkungen, die der Kernenergie auferlegt werden und die sie für die meisten Anwendungen unerschwinglich machen, werden mit der Behauptung gerechtfertigt, sie seien für die öffentliche Sicherheit notwendig, insbesondere für die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen.

Verschiedene neue und neu verpackte alte Reaktorkonzepte werden vorgeschlagen, um die politisch erzwungenen hohen Kosten der Atomkraft abzusenken. Hierzu sehen sich viele Kernkraftbefürworter zu demütigenden Kniefällen vor den Priestern des Klimawandel-Kults bemüßigt, in der Hoffnung, daß diese Priester Geld für ihre Konzepte locker machen, weil sich dadurch die CO2-Emissionen reduzieren lassen, und ohne die priesterlichen CO2-Emissionsrechte könnte die Kernkraft nicht mit Erdgas oder Kohle oder sogar Wind und Sonne konkurrieren.

Aber was wäre, wenn man ein Kernkraftwerk so konstruiert, daß es die berechtigten Sicherheitsbedenken gemäß der bekannten Chemie und Physik berücksichtigt, anstatt auf die Ängste der Bevölkerung abzustellen? Könnten wir dann mit den Kniefällen aufhören und Strom tatsächlich „spottbillig“ machen? Was ich hier vorstelle, ist ein existierendes, entwickeltes Reaktorkonzept, das genau diese Bedingung erfüllt.

Thorium vs. abgebrannter Brennstoff und abgereichertes Uran

Die Kosten für Kernbrennstoff sind viel höher als sie sein sollten, weil die Reaktoren, die derzeit in Betrieb sind, nicht mehr als 1 % des eingesetzten Natururans als Brennstoff verwenden. Die ineffiziente Nutzung des Brennstoffs führt zu 100mal soviel Abfall pro erzeugter Energieeinheit, und dieser Abfall stellt ein viel größeres Problem für die langfristige Lagerung dar, als er sollte, da er auch etwas mehr als 1 % Plutonium und andere transuranische Elemente enthält.

Die gängige Lösung für dieses Problem ist der Bau eines Reaktors, der Thorium verwendet. Thorium, so heißt es, ist sicherer, weil es niemals für den Bau einer Bombe verwendet werden könne.

Thorium ist nicht spaltbar, aber „fruchtbar“, d. h. wenn es mit Neutronen beschossen wird, fängt es einige ein und wird zu einem hochspaltbaren Isotop. Das Isotop, das entsteht, wenn Thorium Neutronen einfängt, ist Uran-233 (U-233), das zwar hochspaltbar, aber für potentielle Hersteller von Atombomben wohl unbrauchbar ist, weil in einem Thorium-basierten Reaktor auch Uran-232 (U-232) entsteht. U-232 ist schwer von U-233 zu trennen und emittiert soviel Gammastrahlung, daß eine starke Abschirmung erforderlich ist, was einen Bombenbau praktisch unmöglich macht.

Es ist nichts daran auszusetzen, Thorium als Kernbrennstoff zu verwenden, das in der Erdkruste etwa dreimal so häufig vorkommt wie Uran. Aber warum sollte man nicht abgebrannten Kernbrennstoff oder abgereichertes Uran verwenden,((Natürliches Uran enthält etwa 0,73 % U-235, ein hochspaltbares Isotop mit einer Halbwertszeit von Millionen Jahren. Wenn Uran „angereichert“ wird, wird U-238 entfernt, um die Konzentration von U-235 zu erhöhen. Das entfernte Material, hauptsächlich U-238, wird „abgereichertes Uran“ genannt, wovon es enorme Vorräte gibt.)) das durch den Einfang von Neutronen ebenfalls spaltbar gemacht werden kann und von dem es riesige Vorräte gibt, mit denen sich die Welt jahrhundertelang ohne jeglichen weiteren Uranabbau mit Strom versorgen ließe? Gibt es nicht bessere Möglichkeiten, als die Abfälle in tiefen geologischen Endlagern zu vergraben (vorausgesetzt, der Rechtsstreit um diese Frage wird jemals entschieden)?

Neutronenenergie konservieren

Der Schlüssel zur Erschließung des vollen Potentials der außerordentlich hohen Energiedichte von Uran liegt darin, die Neutronen daran zu hindern, die Masse des Brennstoffs zu verlassen, ohne sie massiv abzubremsen.

Angesichts der Tatsache, daß die meisten existierenden Reaktoren Moderatoren (Wasser, schweres Wasser oder Graphit) verwenden, um die Neutronen zu verlangsamen, damit mehr von ihnen eine Spaltung verursachen, bevor sie die Brennstoffmasse verlassen, scheint dies widersinnig zu sein. Die Verlangsamung der Neutronen hat einen ähnlichen Effekt wie die Verlangsamung einer Rakete, wenn sie an einem Himmelskörper vorbeifliegt; sie erlaubt es der Rakete, vom Gravitationsfeld des Himmelskörpers eingefangen zu werden, was dazu führt, daß sie den Himmelskörper umkreist und mit ihm kollidiert, wenn die Umlaufbahn niedrig und elliptisch genug ist.

Wenn unser Ziel aber die Explosion des Himmelskörpers ist, dann muß unsere Rakete massiv genug sein, aber auch den Himmelskörper mit der höchstmöglichen Geschwindigkeit treffen. Außerdem muß der Himmelskörper fragil und voller Energie sein, wie ein spaltbarer Atomkern. Je langsamer die Aufprallgeschwindigkeit, desto fragiler muß der Himmelskörper sein, damit unsere Rakete ihn zur Explosion bringen kann.

So erhöhen die Moderatoren in Standard-Kernreaktoren zwar die Häufigkeit von Neutronen-Kern-Kollisionen, tun dies aber auf Kosten einer verringerten Wirkung dieser Kollisionen, indem sie im Durchschnitt weniger neue Neutronen bei jeder Spaltung erzeugen und keinen der spaltbarsten Kerne spalten – die von U-235, Pu-239 und U-233. Das Ergebnis ist eine Anhäufung von semifissilen oder „spaltbaren“ Isotopen, die entstehen, wenn Neutronen in die natürlich vorkommenden Urankerne eingefangen werden. Diese verwandeln sich durch eine Reihe von Neutroneneinfängen und Zerfällen zu verschiedenen Isotopen von Elementen, die „Transurane“ genannt werden, wie Neptunium, Plutonium und Americium, die mehr Protonen und damit eine höhere Ordnungszahl als Uran haben. Viele der langsamen Neutronen werden auch vom Moderator oder anderen Materialien des Reaktorkerns, wie der Brennstoffhülle, den Steuerstäben oder dem Druckbehälter, eingefangen.

Durch die Anhäufung von Halbspaltprodukten entsteht ein langfristiges Lagerungsproblem, das die Kosten der Kernkraft weiter erhöht. Die Halbspaltprodukte sind weniger radioaktiv als Spaltprodukte, haben aber eine viel längere Halbwertszeit und weit mehr Energie, da die potentielle Energie der Kernspaltung in ihnen nicht freigesetzt wurde. Sie emittieren mehr als hunderttausend Jahre lang Strahlung auf einem gefährlichen Niveau, wobei sie ihr Spaltpotential durch eine lange radioaktive Zerfallsreihe zu einem stabilen Isotop, meist Blei, allmählich freisetzen. Natürliches Uran tut dies auch, aber über einen so langen Zeitraum (Milliarden von Jahren), daß es nicht gefährlich ist.

Um eine Kettenreaktion ohne Moderator (d. h. mit „schnellen“ Neutronen) aufrechtzuerhalten, müssen die Neutronen, die bei jeder zur Kernspaltung führenden Neutronen-Kern-Kollision neu freigesetzt werden, daran gehindert werden, den Brennstoff zu verlassen, bevor sie ihre Arbeit verrichtet haben, trotz ihrer Geschwindigkeiten von 4 bis 6 % der Lichtgeschwindigkeit. Dies wird erreicht, indem man den Brennstoff auf eine höhere Konzentration spaltbarer Kerne anreichert, den Brennstoff dichter zusammenpackt und ihn mit einem guten Neutronenreflektor umgibt.

Daraus ergibt sich wiederum ein Problem für die Wärmeübertragung: Wie kann man verhindern, daß der dicht gepackte Brennstoff schmilzt oder kocht? Ausgezeichnete Lösungen für dieses Problem sind seit mehr als 50 Jahren bekannt (wenn auch nicht in der industriellen Praxis entwickelt). Man verwendet zur Wärmeübertragung zum Beispiel flüssiges Metall. Oder man kombiniert den Brennstoff und das Kühlmittel zu einer Flüssigkeit, die durch einen Wärmetauscher fließt, die Wärme an eine andere Flüssigkeit abgibt, und dann in den Reaktorkern zurückkehrt.

Die Flüssigkeiten, die sich für letzteres am besten bewährt haben, sind geschmolzene Salze.

Geschmolzenes Salz vs. Flüssigmetall

Die einzigen Kernreaktoren mit schnellen Neutronen, die bisher gebaut und kommerziell betrieben wurden oder die U-Boote antreiben, verwenden Flüssigmetall für die Wärmeübertragung. Die verwendeten Metalle haben relativ niedrige Schmelzpunkte und weit höhere Siedepunkte als Wasser (wie fast alle Metalle). Der verwendete Brennstoff ist in fester Form und hat einen viel höheren Schmelzpunkt als das Metall, das in flüssiger Form zur Wärmeübertragung verwendet wird. Die Atomwaffen-Alarmisten bevorzugen festen Brennstoff, weil er viel einfacher nachweisbar ist, da er in einzelnen und zählbaren Portionen vorliegt, die von einer Metallhülle umgeben sind.

Aber diese Anordnung hat mehrere Nachteile im Vergleich zu flüssigem Brennstoff. Erstens schlagen die Kosten für die Herstellung des Brennstoffs zu Buche. Zweitens kann keines der Spaltprodukte entfernt werden, während der Brennstoff in Gebrauch ist. Die Anhäufung dieser Spaltprodukte stört die Reaktion, lange bevor der größte Teil des Brennstoffs verbraucht ist. Drittens, wenn man den abgebrannten Brennstoff wiederaufbereiten möchte, um die Spaltprodukte zu entfernen und den restlichen Brennstoff weiter verwenden zu können, muß der Brennstoff zerlegt werden. Das bedeutet, die Brennstäbe zerhacken und in Säure auflösen, um die Verkleidung chemisch vom Brennstoff und allem anderen zu trennen, was sich in der Verkleidung befindet. Diese Zerlegung muß hinter einem Strahlenschutzschild ferngesteuert erfolgen, da abgebrannte Brennstäbe auch nach Jahrzehnten in Behältern viel radioaktiver sind als frischer Brennstoff.

Die Verwendung von Flüssigmetall als Kühlmittel hat dagegen wichtige Vorteile für einen schnellen Neutronenreaktor, der auf die „Züchtung“ des Brennstoffs abzielt, d. h. auf die vollständige Nutzung aller Isotope des Urans und der Transurane, die in konventionellem abgebrannten Kernbrennstoff, in Natururan, abgereichertem Uran oder Thorium enthalten sind.

Erstens hat flüssiges Metall eine hohe Wärmeleitfähigkeit. Dies gilt insbesondere für Natrium, das eine außergewöhnliche Wärmeleitfähigkeit aufweist (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1. Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit von Kühlmitteln. Bei typischen maximalen Reaktorbetriebstemperaturen für jede Flüssigkeit: 100 °C für Wasser; 350 °C für Druckwasser; 177 °C für überkritisches Kohlendioxid; 550 °C für Natrium, Blei-Wismut und Blei; und 700 °C für Chlorsalz und FLiBe. Die Wärmeleitfähigkeit von Natrium fällt mit 67 aus der Graphik heraus.

Die Wärmeleitfähigkeit ist die Rate, mit der Wärme eine Streckeneinheit durch das Material wandert, wenn der Temperaturunterschied an beiden Enden eine Temperatureinheit beträgt, und wird daher in Watt/Grad Kelvin pro Meter ausgedrückt, oder wie viele Watt durch einen Meter geleitet werden, wenn der Temperaturunterschied ein Grad Kelvin beträgt. (Die Rate, mit der Wärme in allen Materialien geleitet wird, ist proportional zum Temperaturgradienten oder der Temperaturdifferenz pro Streckeneinheit).

In Bezug auf die volumetrische Wärmekapazität ist Metall nicht so gut wie Wasser oder geschmolzenes Salz, aber aufgrund seiner Dichte immer noch weit besser als Gas und damit ausreichend. Die volumetrische Wärmekapazität ist die Wärmemenge, die ein Einheitsvolumen eines Materials aufnehmen kann, während es seine Temperatur um eine Einheit erhöht, und wird daher in Kalorien pro Grad Kelvin pro Kubikzentimeter ausgedrückt. Die Kalorie ist hier 1/1000 der bekannten Lebensmittelkalorie, die Chemiker und Physiker als „Kilokalorie“ bezeichnen.

Schließlich hat flüssiges Metall eine Viskosität, die mit der von Wasser vergleichbar ist, viel besser als geschmolzenes Salz in der Nähe seines Gefrierpunkts. Und der Gefrierpunkt von Metall ist niedriger als der von geschmolzenem Salz (insbesondere Natrium und Blei-Wismut-Eutektikum).

Für Brennstoff, der dicht gepackt sein muß, um schnelle Neutronen einzufangen, ist die Wärmeleitfähigkeit die wichtigste Eigenschaft – um die Reaktionswärme aus dem Brennstoffgemisch abzuführen – und die niedrige Viskosität die zweitwichtigste. Der hohe Siedepunkt von Metall, insbesondere von Blei und Blei-Wismut-Eutektikum, ist ein wertvolles passives Sicherheitsmerkmal, das auch den Betrieb bei niedrigem Druck ermöglicht.

Der Hauptnachteil des Flüssigmetall-Kühlmittels ist, daß der Brennstoff nicht darin gelöst werden kann; daher muß dieser zu festem Brennstoff mit Ummantelung verarbeitet und mehrmals zerlegt werden, um ihn vollständig nutzen zu können.

Der zweite Nachteil des flüssigen Metalls ist seine Undurchsichtigkeit, die eine Überwachung des Inneren des Reaktorkerns und der Wärmetauscher verhindert, ohne daß dazu exotische Geräte eingesetzt werden, die durch flüssiges Metall „sehen“ können, das nicht einmal von Röntgenstrahlen durchdrungen werden kann.

Geschmolzenes Salz ohne Brennstoff hingegen ist klar und durchsichtig wie Wasser; mit Brennstoff ist es gefärbt, aber durchscheinend wie Limonade.

Der Reaktor von Elysium Industries

Der von Ed Pheil,((Video vom 1. Oktober 2019, „Molten Chloride Salt Fast Reactor“, eine Präsentation von Ed Pheil von Elysium Industries USA, produziert für eine Thorium Energy Alliance Konferenz; ein Video vom November 2017, ebenfalls von Ed Pheil; und Folien aus einem früheren Video, „Advanced Nuclear Technology to Close the Fuel Cycle“, produziert von Elysium Industries USA, 24. Januar 2018.)) dem technischen Leiter von Elysium Industries, entworfene Reaktor löst den Brennstoff in einer geschmolzenen Salzflüssigkeit auf, die zwischen dem Reaktorkern und den Wärmetauschern zirkuliert. Bei dieser Flüssigkeit handelt es sich um einfaches Kochsalz (Natriumchlorid), dem Magnesiumchlorid hinzugefügt wurde, um den Schmelzpunkt zu senken, der natürlich immer noch sehr hoch ist. Der Brennstoff liegt in Form von Chloriden von Uran, Plutonium und den transuranischen Elementen vor. Die Mischung kann auch Thoriumchlorid enthalten. Alle diese Chloride haben eine gute Löslichkeit im Chloridsalz (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2. Flüssige Phase von Reaktorflüssigkeiten. (Bei 1 Atmosphäre Druck, wenn nicht anders angegeben. Temperatur in Grad Celsius. Bei Unsicherheiten in Bezug auf die Siedetemperatur ist der niedrigste plausible Siedepunkt angegeben). Man beachte: FLiBe ist ein spezielles nicht-eutektisches Gemisch aus Lithiumfluorid und Berylliumfluorid, das die Viskosität minimieren soll, und sein Siedepunkt liegt bekanntermaßen bei 1430 °C, etwa in der Mitte zwischen den Siedepunkten seiner Bestandteile (1169 °C für Berylliumfluorid und 1676 °C für Lithiumfluorid ). „Brennstoff“ bedeutet Chloride oder Fluoride von spaltbaren oder fertilen Isotopen, deren Schmelz- und Siedepunkte viel höher sind als die des Chloridsalz-Eutektikums oder von FLiBe, die sich aber in diesen Salzen auflösen, ohne den Schmelzpunkt zu sehr zu erhöhen. Eine Version von FLiBe mit einem Brennstoff, der für das langsame Neutronenbrüten von U-233 aus Thorium optimiert ist, soll bereits bei 434 °C schmelzen, jedoch bei übermäßiger Viskosität. Bei 600 °C hatte diese Mischung eine dynamische Viskosität von 12 cP und eine Dichte von 3,35 g/cm3, gegenüber 1 cP und 1 g/cm3 für Wasser bei Raumtemperatur. Siehe Grimes, Tabelle II, S.143, Spalte „MSBR-Brennstoff“.

Wenn sich die Brennstoff-Schmelzsalz-Lösung in den Wärmetauschern befindet, wird die Kettenreaktion durch die Geometrie gestoppt, da sich bei der Bewegung des Brennstoffs durch die engen Rohre nicht genügend spaltbare Kerne in der Nähe befinden, um die Kettenreaktion aufrechtzuerhalten. Die Kettenreaktion wird wieder aufgenommen, wenn die Brennstoff-Schmelzsalz-Lösung in den Reaktorkern zurückkehrt (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3. Schematische Darstellung des Chlorsalzschmelze-Schnellreaktors. Die Dünnheit des Ablauftanks verhindert Kritikalität. Alle Strukturen sind in die sekundäre Salzschmelze eingetaucht; der Ablauftank ist vollständig eingetaucht, die anderen Strukturen größtenteils. Die horizontalen grauen Rohre leiten die Flüssigkeit zwischen dem Reaktor, den Wärmetauschern und der Turbine konzentrisch in beide Richtungen. Der Reaktorbehälter hat geschlossene Verbindungsstellen für 5 zusätzliche Rohre, die zu optionalen zusätzlichen Wärmetauschern führen.

Im Gegensatz zu anderen Salzschmelze-Konstruktionen fließt das geschmolzene Brennstoffsalz kontinuierlich sowohl aus dem Reaktorbehälter als auch aus dem primären Wärmetauscher ab und wird kontinuierlich aus dem dünnen Ablauftank (braun) durch die grünen Rohre wieder hineingepumpt. Der sekundäre Wärmetauscher (lila) ist größer, weil er die Wärme aus dem flüssigen Sekundärsalz auf ein Gas überträgt, z. B. überhitzten Dampf, der die Turbinen antreibt oder für industrielle Prozeßwärme verwendet werden kann. Die Wärmerohre übertragen passiv Wärme aus dem Sekundärsalz, in das alles eingetaucht ist, an die Umgebungsluft, falls die Salze oder das Gas auslaufen sollten.

Die Flüssigkeit enthält kein Beryllium, keinen Moderator, keine Steuerstäbe, die während des normalen Betriebs eingesetzt werden, keine anderen strukturellen Komponenten als die Wand des Kerngefäßes und die Öffnungen zu den Rohren, die das Brennstoffsalz durch die primären Wärmetauscher leiten. Die Reaktionsrate wird durch den starken negativen thermischen Reaktivitätskoeffizienten bestimmt, der bewirkt, daß die Spaltrate der Abkühlungsrate folgt.

Das Fehlen jeglicher fester Bestandteile im Kern, wie z. B. Moderator, Steuerstäbe oder Brennelemente, stellt sicher, daß sich die Geometrie nicht durch die Produktion von gasförmigen Spaltprodukten oder Neutronenschäden verändert, wodurch der negative thermische Reaktivitätskoeffizient erhalten bleibt.

Wenn sich aus irgendeinem Grund zu viel Wärme entwickeln sollte, fällt das Brennstoffsalz in Tanks, deren Geometrie die Kettenreaktion stoppt (z. B. mehrere kleine Tanks, die alles andere als kugelförmig sind) und die Wärme ableitet. Das im Video von 2019 dargestellte Design beruht nicht darauf, daß ein aktiv eingefrorener Ablaßstopfen schmilzt; stattdessen wird während des normalen Betriebs kontinuierlich Brennelementesalz aus dem Abflußtank [hellbraune Farbe] in den Reaktorkern gepumpt; wenn diese Pumpe stoppt, wird das Brennelementesalz einfach durch eine permanente Öffnung im Boden des Reaktorkerns in den Tank abfließen. Das Design von Elysium verwendet eine Reaktorkerngröße für alle Leistungsstufen von etwa 125 MW elektrisch bis zu einem vollen Gigawatt elektrisch. Die Stromerzeugungskapazität wird durch die Kühlkapazität der Wärmetauscher und Pumpen bestimmt, die alle außerhalb des Reaktorkerns eingebaut sind.

Man geht davon aus, daß der Reaktor 40 Jahre lang ohne Wartung läuft, abgesehen von der täglichen Zugabe von fertilem Material und der kontinuierlichen Filterung von Spaltprodukten, die ohne chemische Trennung entfernt werden können,((Ed Pheil behauptet, daß der Reaktor 40 Jahre lang laufen kann, bevor es zu einer Anhäufung von „Meilergiften“ bzw. Spaltprodukten kommt, die die Reaktion stören, so daß diese Spaltprodukte ausgespült werden müssen.)) wobei nach dieser Zeit der Reaktorbehälter aufgrund von Neutronenschäden ersetzt werden muß. Wie kann ein Reaktor so lange laufen, ohne daß die Anhäufung von Spaltprodukten die Reaktion vergiftet (selbst wenn einige Produkte kontinuierlich entfernt werden)? Eine Studie des Oak Ridge National Laboratory aus dem Jahr 2011 zeigt das:

Spaltprodukte haben relativ große Neutroneneinfangquerschnitte im thermischen Energiebereich, aber kleinere Einfangquerschnitte bei höheren Energien. Daher ist in einem FS [fast spectrum]-MSR [molten salt reactor] eine viel größere Anhäufung von Spaltprodukten tolerierbar als in einem MSR mit thermischem Spektrum [Holcomb, S.10].

Der Wirkungsquerschnitt ist ein Maß für die Wahrscheinlichkeit einer subatomaren Teilchenwechselwirkung, normalerweise eine Wechselwirkung zwischen einem Neutron und einem Atomkern.

Ed Pheil von Elysium Industries argumentiert, daß trotz der offensichtlichen Nachteile schneller Neutronen – es wird mehr konzentrierter spaltbarer Brennstoff benötigt, um Kritikalität zu erreichen, und es treten mehr Neutronenschäden an strukturellen Komponenten auf – der schnelle Neutronen-Brutreaktor wirtschaftlicher gebaut werden kann und insgesamt eine bessere Leistung erbringt. Das liegt daran, daß durch die schnellen Neutronen bei der Spaltung mehr Neutronen freigesetzt werden. Die zusätzlichen Neutronen bewirken, daß alle Neptunium-, Plutonium- und Isotope mit höherer Ordnungszahl spaltbar werden und zerfallen, und schnelle Neutronen bewirken manchmal, daß sogar U-238, das stabilste und häufigste Isotop des Urans, direkt gespalten wird. Daher kann Brüten ohne einen Moderator erreicht und aufrechterhalten werden.

Pheil macht geltend, daß Chloridsalze nicht nur billiger und weniger giftig sind als das für langsame Neutronenbrüter vorgeschlagene Fluorsalz mit Beryllium, sondern auch weniger korrosiv sind und einen niedrigeren Schmelzpunkt haben, was die Verwendung von „vollqualifizierten“ Kernreaktor-Materialien erlaubt, anstatt von Materialien, die noch keine solche behördliche Zulassung für die vorgeschlagene Verwendung und die erwarteten Betriebsbedingungen erhalten haben.((Ausdrücklich zugelassen für den Kernkraftwerksbau in den Codes und Standards der American Society of Mechanical Engineers (ASME), Abschnitt III. Siehe auch Holcomb, S. 9–10.)) Die zuvor zitierte Studie, die 2011 vom Oak Ridge National Laboratory veröffentlicht wurde, bestätigt diese Behauptung teilweise.

Sichere und billige Energie

Wir haben gezeigt, daß ein Kernreaktor ohne Brennstäbe, ohne Moderator zur Verlangsamung der Neutronen und ohne Steuerstäbe gebaut werden kann, der im Grunde nichts weiter ist als ein flüssigkeitsgefülltes Gefäß bei niedrigem Druck, dessen Abgabeleistung durch die Abkühlungsrate gesteuert wird.

Da sich der spaltbare Brennstoff in der Kühlflüssigkeit befindet, die sich bei Erwärmung ausdehnt, verlangsamt sich die Reaktion, wenn sie heißer wird, da die spaltbaren Kerne weiter auseinander liegen. Und es wird Strom aus allen Isotopen jedes Elements im Periodensystem mit 90 oder mehr Protonen (Thorium hat 90) erzeugt, wobei nur Spaltprodukte übrig bleiben, deren Radioaktivität in etwa 300 Jahren auf das Niveau einer gleichen Menge von natürlichem Uran abfällt.

Der Elysium-Reaktor gibt Wärme bei etwa 600 °C ab, nicht die höchste Temperatur, wie sie z. B. mit keramisch ummanteltem TRISO-Festbrennstoff und gasförmigem Kühlmittel, typischerweise Helium, erreicht werden kann, aber hoch genug für eine effiziente Stromerzeugung und einige industrielle Wärmenutzungen. Im Gegensatz dazu liefern Druckwasserreaktoren nur maximal 350 °C.

Ohne jegliche chemische Aufbereitung des abgebrannten Brennstoffs, von einer Zerlegung ganz abgesehen, ist der Elysium-Salzschmelzenreaktor für eine Betriebsdauer von 40 Jahren ausgelegt, wobei der Brennstoff länger hält als der Reaktorkern. Ein gewisses Filtern der Flüssigkeit ist erforderlich, wodurch wertvolle Isotope und Elemente wie Edelmetalle und Edelgase gewonnen werden. Sollte die Flüssigkeit auslaufen, gefriert sie und entzündet sich nicht oder reagiert heftig mit irgendetwas; sie besteht aus Salz. Auf diese Weise wird Strom aus Brennstoff erzeugt, der bereits produziert wurde, aber nicht als Brennstoff verwendet werden kann, wozu insbesondere sogenannter „hochradioaktiver Abfall“, „verbrauchter Kernbrennstoff“ sowie „abgereichertes Uran“ gehören. Das Brennstoff-Kühlmittel-Gemisch ist durchsichtig, so daß es relativ leicht zu überwachen ist.

Kernbrennstoff liefert über 1,5 millionenmal so viel Energie nach Masse und über 20 millionenmal nach Volumen im Vergleich zu jedem fossilen Brennstoff. Dennoch wird behauptet, sie sei „obsolet“ und könne nicht einmal mit Sonnen- und Windenergie (ergänzt durch Erdgas aus Fracking) konkurrieren; bestenfalls sei sie akzeptabel, weil sie „kohlenstofffrei“ sei. Warum sollte man sich mit teurem Strom und Energieknappheit abfinden und die unzähligen Gefahren des intensiven Bergbaus in Kauf nehmen, ganz zu schweigen von all der Umweltverschmutzung, die dadurch entsteht? Oder mit all der Verschmutzung und dem sozialen Elend, das aus dem Mangel an Energie resultiert? Es gibt viel bessere Alternativen!


Literaturverzeichnis

Lap-Yen Cheng, Michael Todosow, und David Diamond, „Phenomena Important in Liquid Metal Reactor Simulations“, Nuclear Science and Technology Department, Brookhaven National Laboratory, Upton, NY, 31. August 2018. https://www.nrc.gov/docs/ML1829/ML18291B305.pdf
Grimes, W. R., „Molten-Salt Reactor Chemistry“, Oak Ridge National Laboratory, Oak Ridge, TN, 7. Oktober 1969, https://energyfromthorium.com/pdf/NAT_MSRchemistry.pdf
Holcomb, D. E., et al. „Fast Spectrum Molten Salt Reactor Options“, Oak Ridge National Laboratory, Oak Ridge, TN, Juli 2011. https://info.ornl.gov/sites/publications/files/Pub29596.pdf
Williams, D. F., „Assessment of Candidate Molten Salt Coolants for the NGNP/NHI Heat-Transfer Loop“, Oak Ridge National Laboratory, Oak Ridge, TN, Juni 2006, S. x, 14. https://www.osti.gov/servlets/purl/1360677
Williams, D. F., L. M. Toth, K. T. Clarno, „Assessment of Candidate Molten Salt Coolants for the Advanced High-Temperature Reactor (AHTR),“ Oak Ridge National Laboratory, Oak Ridge, TN, März 2006. https://info.ornl.gov/sites/publications/Files/Pub57476.pdf

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