Chinas Huajiang-Brücke – Die höchste und längste Hängebrücke der Welt

Die beeindruckende Huajiang Grand Canyon Bridge (Huajiang-Schlucht-Brücke) in der Provinz Guizhou im Südwesten Chinas wurde am 28. September 2025 offiziell für den Verkehr freigegeben. Mit einer Höhe von 565 Metern über dem Fluss ist sie die höchste Brücke der Welt und mit einer Länge von 1341 Metern die längste Hängebrücke der Welt. Sie überspannt den Beipanjiang-Fluss an der tiefsten Stelle des Canyons, der sich in das Yunnan-Guizhou-Plateau im Westen des Perlflussdeltas eingegraben hat.

Die Huajiang-Brücke, die höchste Brücke der Welt, wurde am 28. September für den Verkehr freigegeben. Bild: CC/Glabb
Die Huajiang-Brücke, die höchste Brücke der Welt, wurde am 28. September für den Verkehr freigegeben. Bild: CC/Glabb

Die Huajiang Grand Canyon Bridge wurde von der China Railway Major Bridge Engineering Group gebaut; Baubeginn war erst der 18. Januar 2022. Die Baukosten beliefen sich Berichten zufolge auf rund 2,1 Milliarden RMB (255 Millionen Euro).

Ihre vierspurige Fahrbahn befindet sich in einer Höhe von 625 Metern über dem Flussniveau und stellt damit einen neuen Rekord auf. Die 1420 Meter lange Brücke, die zwischen zwei Pylonen hängt, trägt die Schnellstraße G56 Hangzhou-Ruili. Sie verkürzt die Fahrzeit für Pkw und Lkw zwischen den beiden Städten Liuzhi und Anlong von derzeit drei Stunden auf eineinhalb Stunden sowie die Fahrzeit durch die Schlucht (von Felswand zu Felswand) von einer Stunde auf zwei Minuten. Dies hat transformative Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft, fördert Wachstum und Wohlstand und verbindet die zuvor isolierten Dörfer mit den großen Städten Chinas.

Die wunderschöne Brücke ist nicht nur eine technische Meisterleistung, sondern unterstreicht auch Chinas Entschlossenheit, die Verkehrsanbindung im gesamten Land zu verbessern, wobei viele Herausforderungen in Bezug auf das sehr schwierige Terrain überwunden werden müssen. Sie ist eine spektakuläre Errungenschaft im Verkehrsnetz und steht in Verbindung mit dem nationalen Fernstraßennetz, das 1989 ins Leben gerufen wurde, sowie dem sekundären nationalen Schnellstraßennetz, das bereits seit Jahrzehnten stetig ausgebaut wird.

Durchbrüche beim Bau

Die Höhe der Schlucht, die Felsformationen, die Winde und der Fluss selbst stellten enorme Probleme dar, die beim Bau überwunden werden mussten. Dafür waren Durchbrüche in Bezug auf das Design, die Technologien und die eingesetzten Methoden erforderlich. Da sich das Projekt in einer seismisch aktiven Zone befindet, entwarfen die Ingenieure die Brücke flexibel.

Besonders bemerkenswert an dem Projekt ist auch das junge Alter der Konstrukteure und Arbeiter. Laut einem Bericht der China Daily betrug das Durchschnittsalter der Projektleitung 28 Jahre, wobei mehr als 90 % der Mitarbeiter unter 35 Jahre alt waren. Von den 45 Ingenieuren der China Railway Major Bridge Engineering Group sind 32 ebenfalls unter 35 Jahre alt.

Die Arbeitsbedingungen waren für die ersten Vermessungsingenieure, die unter extremen Temperaturen, in dichten Wäldern und auf gefährlichen Klippen arbeiten mussten, sowie für die Schweißer, die bei starkem Wind im Canyon millimetergenaue Verbindungen herstellten, sehr hart. Die Teams arbeiteten teilweise rund um die Uhr, um die Hauptpylone fristgerecht fertig zu stellen. Der steile Hang auf der Nordseite der Schlucht erforderte den Bau eines 262 Meter hohen Betonturms (des Nordpylons), der tief in den verwitterten Felsen eingelassen wurde.

Der Südpylon ist mit 205 Metern Höhe etwas niedriger. Ein versteifter Stahl-Fachwerkträger überspannt den Zwischenraum. Die Zufahrtsrampen werden über mehr als zwei Dutzend 40 Meter lange Brückenelemente an die Hauptkonstruktion angebunden. Eines der zentralen Hilfsmittel beim Bau der Brücke war ein intelligentes Seilkransystem, das auf dem chinesischen Navigationssatellitensystem Beidou basiert. Es erlaubte die präzise Positionierung schwerer Brückenteile mit nur einem Steuerbefehl.

Eine weitere Ansicht der Huajiang-Schlucht-Brücke. Der Boom im chinesischen Straßen- und Brückenbau begann 1989 mit der Einleitung des Nationalen Fernstraßennetzes, einem Netz aus fünf Nord-Süd- und sieben Ost-West-Autobahnen mit einer Gesamtlänge von 37.000 Kilometern. Bild: CC/Glabb
Eine weitere Ansicht der Huajiang-Schlucht-Brücke. Der Boom im chinesischen Straßen- und Brückenbau begann 1989 mit der Einleitung des Nationalen Fernstraßennetzes, einem Netz aus fünf Nord-Süd- und sieben Ost-West-Autobahnen mit einer Gesamtlänge von 37.000 Kilometern. Bild: CC/Glabb

Das Seilkransystem ist in der Lage, Stahlträger mit einem Gewicht von bis zu 215 Tonnen mit einer Genauigkeit im Submillimeterbereich zu bewegen. Damit ließ sich nicht nur Zeit sparen, sondern auch die Zahl der benötigten Arbeitskräfte deutlich senken: Statt acht Arbeiter waren nur vier für den Kranbetrieb erforderlich.

Die Ingenieure entschieden sich bei der Brücke für ein verstärkte Stahlfachwerk, das nicht nur stabil, sondern auch noch 30 Prozent leichter als Standardträger war, um die Brücke widerstandsfähig für starke Winde und Erdbeben zu machen. Damit die Korrosionsschutzbeschichtung der 38 Quadratkilometer großen Stahlfahrbahn unter den widrigen Wetterbedingungen aufgetragen werden konnte, errichteten die Bauarbeiter mobile Windschutzsysteme.

Das Bauteam wurde zudem von Live-Daten aus 30 hochauflösenden Kameras, durch satellitengestützte Positionierungssysteme, 3D-Simulationstools, digitale Materialverfolgung und KI-gestützte Baulogik unterstützt. Mit den Worten von Chefingenieur Liu Hao: „Während der Montage vor Ort folgten wir einer vorab festgelegten Reihenfolge und erreichten eine 100-prozentige Genauigkeit bei der Ausrichtung der Bolzen mit den dafür vorgesehenen Löchern.“

Zur Sicherung der Bauarbeiten verwendeten die Ingenieure Anemometer (Windsensoren), die ihnen die Windgeschwindigkeit in Echtzeit lieferten, um bei plötzlich aufkommenden gefährlichen Windböen die Arbeiten sofort stoppen zu können. Sie entwarfen die Brückenträger mit minimaler Oberfläche, und die Betonsäulen sind hohl, was beides zu einem besseren Schutz vor Windscherung beiträgt. Hochdichter Zement, hochfester Stahl, überdimensionierte Bewehrungsstäbe und digitale Simulationen tragen dazu bei, langfristige Temperaturschwankungen und deren Auswirkungen abzufangen. Die Korrosionsschutzbeschichtungen der Brücke minimieren die Auswirkungen von hoher Luftfeuchtigkeit, Regen und Blitzschlag. Die abschließende Belastungsprüfung fand am 27. August statt. Dafür positionierten die Prüfer 96 Lkw mit insgesamt rund 3300 Tonnen Gewicht in Gruppen auf ausgewählten Bereichen der Fahrbahn.

Die Entwicklung der Guizhou-Provinz

Die Provinz Guizhou, in der 40 Millionen Menschen leben, galt bis vor kurzem als relativ unterentwickelte Provinz Chinas mit dem viertniedrigsten Pro-Kopf-BIP des Landes im Jahr 2020. Heute jedoch entwickelt sich die Provinz stetig aufwärts. Sie ist reich an natürlichen, kulturellen und ökologischen Ressourcen. Die Forstwirtschaft, die Wasserkraft und der Bergbau machen einen wichtigen Teil ihrer Wirtschaft aus. Die Regierung beschloss, Guizhou zu einem Verkehrs- und Datenknotenpunkt auszubauen, wodurch es zu einem wichtigen Teil des Wirtschaftsgürtels am Jangtse-Fluss wurde und sich zu einer der am schnellsten wachsenden Provinzen Chinas entwickelte. Sie ist Chinas erstes großangelegtes Pilotgebiet für „Big Data“, ein bedeutendes Reiseziel für Bergtourismus, ein Pilotgebiet für „ökologische Zivilisation“ und eine offene Binnenwirtschaftszone.

Die Lage der Provinz Guizhou in China. Bild: CC/TUBS
Die Lage der Provinz Guizhou in China. Bild: CC/TUBS

Um die Wirtschaft der Provinz Guizhou entlang des Beipanjiang-Flusses anzukurbeln, gab die Regierung vor 30 Jahren den Bau einer Reihe von Dämmen, elf Flughäfen und sieben Brücken – darunter drei Eisenbahnbrücken – in Auftrag. Drei dieser Brücken waren zwischen 2001 und 2016 nacheinander die höchsten der Welt. Heute gibt es in der Provinz Guizhou mehr hohe Brücken als in allen anderen Ländern der Erde zusammen.

Bis 2030 sollen in Guizhou mehr als 1000 Brücken mit einer Höhe von über 100 Metern entstehen, gemessen vom Straßen- oder Bahnniveau zur Wasseroberfläche. Zum Vergleich: Italien hat mit 60 Brücken die zweitgrößte Anzahl an hohen Brücken weltweit. Von den 50 höchsten Brücken der Welt, deren Höhe vom Brückendeck bis zur Wasserfläche mehr als 300 Meter beträgt, befinden sich bis auf drei alle in China.

Neben dem vorrangigen Ziel, die Verkehrsanbindung innerhalb dieser Region zu verbessern, hat die Provinzregierung von Guizhou auch dafür gesorgt, dass die neue Huajiang-Brücke zu einem Touristenmagneten wird. Ein 70-stöckiger Glasaufzug bringt Besucher bis zur Spitze des Südpylons. In einer Höhe von mehr als 183 Metern über dem Talboden werden sie in der Stargazing Bar und in einer Cafeteria speisen können.

Unterhalb der Brückenfahrbahn entsteht ein 800 Meter langer Glassteg, der durch mehrere Räume mit Glasboden führt und den Besuchern das Gefühl vermittelt, Hunderte von Metern über dem Boden zu schweben. Der Glassteg erreicht eine maximale Höhe von 616 Metern über dem Fluss.

Die Brücke bietet auch die weltweit höchsten Bungee-Jumping- und Fallschirmsprungmöglichkeiten und bietet eine Aussichtsplattform mit Schaukel und einer Laufbahn. Darüber hinaus bietet die Brücke nun leichteren Zugang zu Sehenswürdigkeiten in den nahen Bergen, insbesondere zum Huangguoshu-Wasserfall, dem größten in China.

Nationales Fernstraßennetz

Der Boom beim Straßen- und Brückenbau in China begann im Jahr 1989, als die Zentralregierung den Bau eines nationalen Fernstraßennetzes mit fünf Nord-Süd- und sieben Ost-West-Schnellstraßen und einer Gesamtlänge von 35.000 km ins Leben rief. Das Projekt war in drei Entwicklungsphasen unterteilt. Die zweite Phase wurde bereits 2005, also ein Jahrzehnt vor dem geplanten Termin, abgeschlossen, so dass die gesamte Infrastruktur bis 2009 fertiggestellt werden konnte. Das Ziel bestand darin, mehr als 90 % aller Städte mit über einer halben Million Einwohnern und alle Städte mit mehr als einer Million Einwohnern miteinander zu verbinden. In diesen 20 Jahren hat sich die Gesamtzahl der Autobahnbrücken in China verdoppelt.

Neben dem nationalen Fernstraßennetz gibt es ein sekundäres Schnellstraßennetz, das aus mehreren unabhängigen Strecken besteht und als „7918“ bezeichnet wird. Die „7“ steht für mehrere strahlenförmige Strecken rund um Peking, die anderen Zahlen beziehen sich auf neun Nord-Süd- und 18 Ost-West-Strecken. Viele dieser kleineren Autobahnen verbinden Städte mit nur 200.000 Einwohnern. Die Fertigstellung dieses Autobahnsystems ist für das Jahr 2040 geplant und erfordert den Bau vieler weiterer hoher Brücken.

Im Bild eine Autobahn in der Nähe von Shaoguan in der Provinz Guangdong, die Teil des nationalen Fernstraßennetzes ist. Bild: CC/Windmemories
Im Bild eine Autobahn in der Nähe von Shaoguan in der Provinz Guangdong, die Teil des nationalen Fernstraßennetzes ist. Bild: CC/Windmemories

Die neue Huajiang-Brücke ist Teil der Shantian-Puxi-Schnellstraße, die die Anbindung verbessern und die Wirtschaft im gesamten Südwesten Chinas ankurbeln soll.

Stolz auf die Zukunft

Bei der Eröffnungsfeier der Brücke am 28. September lobten die Beamten die enormen wirtschaftlichen Auswirkungen, die die neue Verbindung haben werde. Zhang Yin, der Leiter des Verkehrsministeriums von Guizhou, sagte auf der Pressekonferenz: „Die Eröffnung verbessert die regionalen Verkehrsbedingungen erheblich und gibt der regionalen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung neue Impulse.“ Er fügte hinzu, dass die Brücke die Reisezeit zwischen den beiden Seiten von zwei Stunden auf zwei Minuten verkürzt und verwies dabei auf die Verbindung zwischen dem autonomen Bezirk Qianxinan auf der einen und der Stadt Anshun auf der anderen Seite.

Am Tag der Einweihung soll sich über der Brücke ein Regenbogen gebildet haben, der als feierliches Zeichen und Symbol der vollbrachten Leistung angesehen wurde. In einem Artikel der Nachrichtenagentur Xinhua vom 6. Mai 2024 hatte sich Wang Songyu, stellvertretender Projektleiter, wie folgt zu seiner Arbeit geäußert: „Es ist mir eine große Ehre, Straßen und Brücken zum Wohle der Menschen zu bauen“, und er verspüre jedesmal ein starkes Gefühl der Erfüllung, wenn diese Wege für den Verkehr freigegeben werden.

Der Erfolg der Brücke widerlegt eindrucksvoll die China- und entwicklungsfeindliche Kritik in führenden westlichen Medien, worin immer wieder behauptet wird, China baue seine Infrastruktur nur aus, um sein politisches Ansehen auf der Weltbühne zu stärken, und strebe lediglich danach, „Rekorde aufzustellen“. Wir im Westen täten gut daran, unsere eigene Infrastruktur aufzubauen, anstatt Geld in die Aufrüstung zu stecken.

Und noch eines zu dem Vorwurf, China würde westliche Technologie stehlen. Was soll daran wahr sein, wenn China in vielen technologischen Bereichen, darunter auch im Brückenbau, dem Westen weit voraus ist? Dazu gehört natürlich auch der rasante Ausbau des Hochgeschwindigkeits-Bahnnetzes in China, dessen Darstellung den Rahmen des jetzigen Artikels sprengen würde. In jedem Fall wäre es besser, wenn die westlichen Länder in möglichst vielen wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Gebieten mit China zusammenarbeiten würden, um gemeinsam eine Welt aufzubauen, von der alle Nationen profitieren.

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